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Wahlkampf in Nordrhein-WestfalenHart oder fair?

Die Grünen regen ein „Fairnessabkommen“ im Wahlkampf an. Doch die Linke lehnt ab, weil auch die AfD eingeschlossen worden wäre.

Auf Konfrontation aus: Die Linke in NRW will nicht nett zur AfD sein (Symbolbild) Foto: ap

Berlin taz Fair. So soll der Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen laufen, geht es nach den Grünen. Doch die Linkspartei in Nordrhein-Westfalen boykottiert ein offeriertes gemeinsames „Fairnessabkommen“ aller Parteien im laufenden Wahlkampf. In einem der taz vorliegenden Brief an die Landesparteivorsitzenden der Grünen, Mona Neubaur und Sven Lehmann, heißt es: „Eine Unterzeichnung dieses Abkommens verbietet sich für uns schon allein aufgrund des Umstands, dass Sie Ihr Angebot auch an die AfD gerichtet haben.“

Unterzeichnet haben ihn die beiden Spitzenkandidaten der Linkspartei, Özlem Demirel und Christian Leye. Sie schreiben weiterhin: „Für uns kommt nicht infrage, mit einer Partei zu paktieren, die für rassistische und antisemitische Stimmungsmache, für Hetze gegen Geflüchtete, Muslime und LGBT*I steht.“

Die Grünen haben sich am 17. Februar in einem Brief an die Parteivorsitzenden von SPD, CDU, Piraten, Linken und AfD gewandt und um Antwort bis nächste Woche Freitag gebeten. Sie warnen vor einer „zunehmenden Verrohung von Teilen der politischen Auseinandersetzung“ und rufen dazu auf, diese Entwicklung nicht weiter zu befeuern.

Deshalb schlagen sie vor, dass alle Parteien sich per Unterschrift verpflichten, den politischen Gegner nicht zu verunglimpfen, keine Plakate zu zerstören und keine Social Bots einzusetzen, also Meinungsroboter in sozialen Netzwerken.

Auf ein Fairnessabkommen hatte sich im Februar laut Spiegel auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz mit Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) geeinigt.

Ist die Ablehnung der Linkspartei nicht ein Affront gegenüber den Grünen, einem potenziellen Koalitionspartner? „Uns geht es nicht primär um die Grünen, sondern darum, uns von der AfD abzugrenzen“, meint Spitzenkandidatin Demirel. Ein solches Abkommen sei im Grunde auch unnötig. „Es versteht sich von selbst, dass die Linke einen fairen Wahlkampf führt.“ Gegen den Einsatz von Social Bots habe man sich frühzeitig ausgesprochen.

Die Bürger Nordrhein-Westfalens wählen am 14. Mai einen neuen Landtag. In Umfragen liegen Grüne und Linkspartei mit 7 und 6 Prozent etwa gleichauf, die SPD führt mit 37 Prozent. Für ein rot-rot-grünes Bündnis würde es also theoretisch knapp reichen. Praktisch hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) diese Konstellation ausgeschlossen. Der Linkspartei attestiert sie, diese sei weder „regierungswillig noch regierungsfähig.“ Hart.

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8 Kommentare

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  • Es sollte doch vollkommen klar sein, das ein Wahlkampf mit Argumenten geführt wird, und nicht mit zerstörten Plakaten. Eigentlich sollte dazu gar keine Selbstverpflichtung nötig sein.

     

    Das die Linke jetzt beschließt, dieser Übereinkunft fern zu bleiben, hilft jedoch wieder mal nur der AfD. Jede Blockade-Aktion, die die Antifa in die Richtung AfD verübt, hilft der AfD sich als Opfer der Linkspartei zu inszenieren, wohingegen die AfD mangels personeller Ressourcen gar nicht die Möglichkeit hat, den Wahlkampf der Linken zu stören, und somit auch von Links nicht als der Täter entlarvt werden kann.

    • @Tim Schweizer:

      Kraft muss sich voraussichtlich auf ein 6 Parteienparlament einstellen und ob sie nach der NRW Wahl noch einmal

      Ministerpräsidentin werden kann, ist völlig offen.

      Habe sie oft im TV angeschaut und gehört und war nicht überzeugt.

      Viel Selbstdarstellung und Angriffe auf andere Positionen anderer Parteien waren darin enthalten.

      Und das ganze kam häufig mit einer unertragbaren Aroganz rüber.

    • @Tim Schweizer:

      Bitte nicht träumen, denn Wahlkämpfe sind und bleiben nicht die Worte von Argumenten, vielmehr wird den Wählern vieles nur vorgegaukelt, versprochen und später nicht gehalten.

      Um den Wahllügen vorzubeugen, sollte im Straftgesetztbuch der Tatbestand des Wahlbetruges mit empfindlichen Strafen eingeführt werden. Erst dann werden Wahlkämpfe ehrlicher und für den Wähler überschaubar.

    • @Tim Schweizer:

      Haben sie irgendwelche Argumente für ihre gewagte These, das wenn man jemanden stärkt in dem dem man ihn bekämpft? Das ist unsinn wenn man sich anschaut welche Themen wieder salonfähig werden. Über Rassismus diskutiert man nicht, man ignoriert ihn nicht, man differenziert sich (wie die Linke in diesen Fall), man bekämpft ihn. Und selbst wenn ein Fascho aus meinem Verhalten ihn gegenüber seinen eigenen Opfermythos zusammenspinnt #Dresden dann sollte das doch keine Argumentationsgrundlage gegen eine Offensive gegen Faschos darstellen. Oder Sie erklären mir mal ganz kurz wie Sie mit Faschisten umgehen möchten. Schluss mit "kein Fußbreit den Faschisten" und "No pasaran!" ab morgen der AfD mit Beifall begegnen und all ihre noch so absdrußen Ängste ernst nehmen?

       

      PS: ach ja und die Überleitung von der Linken zur Antifa versteh ich nicht? (und wenn die AfD das so sieht dann auslachen und bekämpfen, nicht ernst nehmen)

  • Fairer Wahlkampf? WAS ist das bitte? Wie geht das bitte? Wer BEurteilt das bitte?

    So ein QUATSCH!

    Jede Partei kämpft für sich, und zwar SO wie SIE (°) es für richtig (fair oder unfair) hält. Punkt. Wahlkampf ist schliesslich kein Wellnessharmonieklangschalenerholungs-Spa!;-)

    Also wirklich..........

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Georg Dallmann:

      Richtig! Auf nach Weimar, Genosse!

  • Dann muss von der LINKEN jetzt aber auch mal ein Wahlkampf kommen, der das Wort "unfair" verdient,

     

    Bislang hat mich in Wahlkämpfen nur immer DIE PARTEI nicht gelangweilt.

  • Die AfD liegt in der Umfrage bei 10%, wird also irgendwas 12-14% kriegen. Damit mehr als doppelt soviel wie die Linke. Ohne Wagenknecht (die nicht wählbar ist) wäre die NRW Linke auch nur bei 3%. Statt die polemisch die Backen aufzublasen, wäre mehr Bescheidenheit und Konzentration auf Sacharbeit sinnvoll.

    Wen man ohnehin "fair" sein wolle, kann man sich auch dem Abkommen anschließen. Zumal man ja nach der Wahl mit der AfD Fraktion (gar als Oppositionsführer?) auskommen muss.