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Auer Dult in MünchenFisch vergessen

Das unberühmteste Münchner Volksfest muss dieses Frühjahr auf eine lokale Spezialität verzichten – den Steckerlfisch. Das führt zu Gegrantel.

Leibspeise für grantige MünchnerInnen Foto: Imago / Chromorange

In München wird über Steckerl­fisch geredet in diesen Tagen. Das ist meistens eine Makrele, die auf einen Holzstab aufgespießt und über Holzkohle gegrillt wird. Das sieht vor allem deshalb ganz gut aus, weil die Makrele nicht einfach auf einen Grillrost gelegt wird, sondern aufrecht stehend an einem Vertikalgrill gegart wird.

Ein Stecklerfisch ist also eine Schau. Es gibt nicht wenige, die sagen, ein Münchner Volksfest ohne Steckerlfisch ist ungefähr so sinnlich wie alkoholfreies Bier. Und genau so etwas droht nun.

Auf der Auer Dult soll es in diesem Jahr keinen Steckerl­fisch geben. Die Wirtefamilie Stadtmüller, die auf dem Oktoberfest ein Bierzelt betreibt, das vor allem deswegen „Fischer Vroni“ heißt, weil man dort Steckerl­fisch essen kann, hat den Anmeldeschluss für die Dulten dieses Jahres verpasst.

Ein Oktoberfesttourist aus Australien, Indien oder Italien würde die Fischer Vroni auf der Suche nach dem schnellen Rausch wohl kaum vermissen. Bei Münchnerinnen und Münchnern, die es auf die Dult zieht, für die ist das Fehlen des bayerischen Salzwasserschmankerls dagegen nur schwer zu verdauen.

Ausgelassenes Fest

Die meisten von ihnen könnten zwar nicht so genau sagen, was das eigentlich ist, eine Dult, weil es das Spektakel, das dreimal im Jahr für jeweils neun Tage stattfindet, schon immer gegeben und es schon immer so geheißen hat. Und wer schaut schon bei Wikipedia nach, um zu erfahren, dass es im Gotischen das Wort „dulps“ gibt, was so viel bedeuten soll wie: ausgelassenes Fest.

Im Münchner Stadtteil Au am Mariahilfplatz ist die Dult zu Hause; und wer in den vergangenen Jahren einmal durch die Budenstraßen, vorbei an den Imbissständen und Fahrgeschäften gegangen ist, der würde nie auf die Idee kommen, dass dort so etwas wie Ausgelassenheit herrschen könnte.

Die Auer Dult ist das schlecht gelaunteste Volksfest, das man sich überhaupt nur vorstellen kann

Die Auer Dult ist das schlecht gelaunteste Volksfest, das man sich vorstellen kann. Und genau deshalb lieben es die Münchnerinnen und Münchner so sehr. Nirgendwo sonst wird schamloser gegrantelt als auf der Mai-, der Jakobi- und der Kirchweihdult.

Es gibt viel, worüber man schimpfen kann auf einer Dult. Die Antiquitäten auf dem Trödelteil diese speziellen Jahrmarkts sind zu teuer. Die Marktschreier, die Multifunktionsgemüse­ho­bel oder Superduperfleckentferner anpreisen, die schon vor dem Aufkommen von Teleshoppingkanälen nicht mehr zeitgemäß waren, waren auch schon mal witziger.

In Ruhe granteln

Die Haushaltswaren sind bei Aldi inzwischen auch nicht schlechter. Und die Fahrgeschäfte, vor allem der Autoscooter, ziehen ein immer schlechter werdendes Publikum an. Ein Münchner Grantler fühlt sich pudelwohl auf der Dult. Und wenn er sich durch alle Stände durchgeärgert hat und sich eine Maß Bier kauft, dann muss er nicht befürchten, dass eine Stimmungskapelle anfängt, ihn dazu zu drängen, auf die Gemütlichkeit anzustoßen. Er kann in aller Ruhe weitergranteln.

Besonders schön schlecht gelaunt daherreden lässt es sich mit einer kleinen Holzgabel in der Hand, mit deren Hilfe man das Makrelenfleisch aus dem Pergamentpapier pickt, in das ein Steckerlfisch gewöhnlich gewickelt wird. Hat man etwas zum Fuchteln in der Hand, fällt das Schwadronieren über den Niedergang der Dult und darüber, wie gut alles in der guten alten Dultzeit war, natürlich um ein Vielfaches intensiver aus.

Genau das soll nun nicht mehr möglich sein, weil eine dieser Münchner Groß­gastrono­men­familien einen Anmeldetermin versemmelt hat. Das ist ja fast so, als würde der FC Bayern in der nächsten Saison nicht in der Bundesliga spielen dürfen, weil er seinen Kader nicht zeitig genug gemeldet hat.

Das Granteln über den Niedergang der Auer Dult ist aus der bayerischen Landeshauptstadt bis nach Berlin gedrungen. Und es wird andauern bis zur Maidult und darüber hinaus.

Die Münchnerinnen und Münchner werden dennoch zur Dult pilgern. Und weil sie noch einen Grund mehr zum Granteln haben, wird sie ihnen am Ende dann eben doch besser gefallen haben als jede Dult zuvor.

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