: Alles bio oder was?
Internationale Grüne Woche Auf der Messe hat auch der Biolandbau wieder eine eigene Halle. Erzeuger von Biolebensmitteln sind zudem in fast jeder Halle vertreten
von Christine Berger
Auf den ersten Blick hat es die Bioland- und Ernährungswirtschaft auf der Grünen Woche gar nicht mehr nötig, sich zu separieren. Überall, wo es um bewusste Ernährung und hochwertige Lebensmittel geht, steht meist auch das Beiwort Bio irgendwo, und das ist mittlerweile in so gut wie allen Hallen auf dem Berliner Messegelände der Fall. Ungarn, das diesjährige Gastgeberland, bietet neben üblichen Spezialitäten wie Salami, Tokajer Wein oder Lángos und Gulyás auch Öle aus nachhaltiger Produktion und hausgemachte regionale Produkte von Kleinerzeugern.
Viele Biobauernhöfe und -nahrungsmittelhersteller präsentieren sich im Rahmen ihrer Region, also etwa in der Thüringen-, Hessen- oder Brandenburghalle. Wozu also noch eine eigene Biohalle? Hier tummeln sich vor allem die Verbände und Vermarkter, etwa Demeter, Bioland und der Einzelhändler Bio Company. Sie geben Auskunft über ihre Arbeit und Bioanbau im Allgemeinen: Wieso setzen Ökobauern ihre Tiere an die frische Luft, und wie schützen Biobauern ihre Pflanzen vor schädlichen Insekten und Krankheiten? Warum sind Regenwürmer die Lieblingstiere der Ökobauern? Was verbindet Artenvielfalt, Mühlenfahrräder und Biodynamik? Und was hat das alles mit unserem Essen und Trinken der Zukunft zu tun? Auch die tiergerechte Hühnerhaltung, die Beschaffenheit der Böden und vieles mehr wird hier thematisiert.
In der Halle 1.2b können außerdem ökologische Produkte aller Art gekostet werden. Märkisches Landbrot etwa bietet Kinderbacken sowie Varianten seines Sortiments am Stand der Supermarktkette Bio Company an. Seit über 25 Jahren ist die Demeter-Brotbäckerei auf der Messe präsent. „Aus politischen Gründen“, wie Inhaber und Geschäftsführer Joachim Weckmann betont. Obwohl Biobetriebe in fast allen Hallen vertreten sind, sieht er in der Grünen Woche vor allem eine Schau der landwirtschaftlichen Großindustrie. „Wir gehen dahin, wogegen wir eigentlich kämpfen.“ Daher wirbt Märkisches Landbrot auf der Grünen Woche auch für die alljährliche Großdemo „Wir haben es satt“ gegen Massentierhaltung und für eine Agrarwende heute in Berlin. „Dort werden wir zusammen mit anderen Berliner Biobäckereien eine Solistulle anbieten, um ausgebombte Bäckereien in Syrien zu unterstützen“, so Weckmann, der sich ansonsten noch im Märkischen Wirtschaftsverband und für das Regional & Fair -Label engagiert.
Neuling in der Biohalle ist die gemeinnützige Ökologische Tierzucht GmbH (ÖTZ gGmbH) am Bioland-Gemeinschaftsstand, die ihre Erfolge in der Züchtungsarbeit vorstellt. Die ÖTZ wurde im vergangenen Jahr von Bioland und Demeter gegründet. Sie züchtet das Ökohuhn der Zukunft, das den Gegebenheiten der ökologischen Hühnerhaltung laut Biolandaussagen besser entspricht als die aktuellen Hühner – es soll robuster sein, weil Biohühner viel draußen sind, und es soll heimisches Futter besser verwerten können. Zudem züchtet die ÖTZ an einem Zweinutzungshuhn, das Eier und Fleisch gleichermaßen liefert und so das Kükentöten verhindern soll. Am Infostand der Firma Stallbau Iris Weiland geht es um Hühnerhaltung. Dort wird Besuchern der Mehrwert mobiler Hühnerställe für Tier und Mensch anschaulich vermittelt.
Für Schulklassen hat Bioland ein eigenes Programm zusammengestellt. Wie legt die Henne mein Frühstücksei? Was macht ein Huhn den ganzen Tag? Antworten erhalten Schüler vom Küken Frieda im Kinderprogramm „Küken Frieda auf Entdeckungsreise – vom Küken, zur Henne zum Ei“. Hierzu lädt Bioland Schulklassen an den Bioland-Stand ein. Interessierte Lehrer können sich unter www.gruenewoche.de/FuerBesucher/Schuelerprogramm/Eventliste.jsp anmelden.
Für sogenanntes Biotainment in der Biohalle sorgt das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) am Stand und auf der Bühne. Eine Mischung aus Verbraucherinformation, Unterhaltung sowie Wein- und Käsedegustationen.
Regionaler Anbau und Einkauf ist ein Schwerpunkt der Grünen Woche, weshalb Endverbraucher sich auch in ihrer jeweiligen Heimathalle tummeln sollten. Dort ist das Angebot so vielfältig, dass einem schnell klar wird, wie überflüssig für Europäer Bisonfleisch aus Kanada oder Honig aus Neuseeland ist, auch wenn beides noch so bio daherkommt. Denn auch das gibt es auf der Grünen Woche. Aber man muss ja nicht alles kaufen.
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