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LARS PENNING
Eigentlich präsentiert die Französische Filmwoche in Berlin ja eher die neuen französischen Filme im Arthouse-Genre, überwiegend gehobene Komödien also, von denen man sich einen kommerziellen Appeal auch für das deutsche Publikum erwartet. In diesem Jahr hat man jedoch auch zwei Klassiker im Programm, bei denen es nicht ums Wohlfühlen geht: Jean-Luc Godards „Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß“ (1966) zeigt – in der diskontinuierlichen und selbstreflexiven Art, die sein Kino ausmachen – den Alltag einer verheirateten Pariser Gelegenheitsprostituierten (Marina Vlady) mit Kind, und Louis Malles „Zazie in der Métro“ (1960) ist gar ein formales Experiment der Zertrümmerung und Anarchie. Die Göre Zazie wirft mit Bomben – weil die Metro streikt! Die Sprachdekonstruktion der Romanvorlage von Raymond Queneau übersetzen Malle und sein Koautor Jean-Paul Rappeneau in einen Film mit irren Verfolgungsjagden in falscher Geschwindigkeit und an Warner-Cartoons erinnernden Orgien der Destruktion. Mit filmhistorischen Zitaten, diversen In-Jokes und antirealistischen Verfremdungseffekten ist Malle in „Zazie“ der Nouvelle Vague, von der er sich sonst immer ein wenig abgegrenzt hat, ganz nahe. (beide Filme im Om engl. U, 3. 12. Arsenal)
„Nachdenken zahlt sich aus“, sagt einer der Protagonisten der Dokumentation „Winter, geh weg!“, dem wohl wichtigsten Film der diesjährigen Russischen Filmwoche. Mit frontaler Direktheit gedreht von zehn Absolventen der Marina-Rasbeschkina-Dokumentarfilmschule, dokumentiert der Film den Wahlkampf der Opposition im Vorfeld der letzten russischen Präsidentenwahlen: Da wird bereits das Aushängen eines regierungskritischen Transparents zur konspirativen Aktion. Der Film bietet keine große Analyse, doch er ist immer direkt vor Ort: etwa wenn friedlich mit einem Plakat dastehende Menschen von einer Polizei verhaftet werden, die ebenso gern beiseitetritt, wenn rechtsradikale Schläger eine Gruppe von Pussy-Riot-Unterstützern bedrohen. Gezeigt wird jedoch nicht nur die Entwicklung Russlands hin zu einem Polizeistaat, in dem Regierungsgegner wie Staatsfeinde behandelt werden, sondern auch die totale Zerstrittenheit der Opposition. Deren Bandbreite reicht von Ultranationalisten über absurde Millionäre mit der Berlusconi-Nummer („Ich bin ja schon reich, kann also nicht korrupt sein“) bis zu den Aktionskünstlerinnen von Pussy Riot, die in einem kurzen Interview außer „Frieden und Liebe für alle“ dann aber auch nicht gerade viel zu sagen haben. Vielleicht haben sie alle noch nicht genügend nachgedacht. ((Om engl. U) 30. 11. Arsenal)
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