: Gleich fliegt hier irgendwas in die Luft
Pop und KunstZwischen Avantgarde und Punk, Krach und Kaputtness changierte die Reihe Eine Welt aus Hack. Jetzt ist Schluss
Als Erstes war da dieser Name: Eine Welt aus Hack. Das klang irgendwie aufregend, unversöhnlich, auf die zwölf – und machte einen neugierig. Man sah diesen Namen auf geklebten kleinformatigen Plakaten, die manchmal nach großer Siebdruckkunst und manchmal nach Dada-Geschnipsel aussahen. Oder nach beidem. Angekündigt waren auf diesen Postern Bands mit zum Teil ebenso interessanten Namen: HGich.T, Plattenbau, Gay Beast, Pisse, P.U.F.F., Schwund. Und many many more.
Hinter Eine Welt aus Hack, so lernte man, verbirgt sich ein umtriebiges Konzertveranstalter-Duo – namentlich Grinni Stangner und Christian „Kirmes“ Kühr –, das sich 2008 in Erfurt gründete und das später nach Berlin und Leipzig expandierte. Ungezählte Konzerte, Performances und Ausstellungen mit einer ganz eigenen Handschrift haben Grinni und Kirmes seither initiiert, immer irgendwo zwischen Avantgardekunst und Punk, zwischen Krach und Kaputtness. Viele, später große Bands – wie Die Nerven, Thee Oh Sees, Ty Segall, Young Fathers und XiuXiu – nahm man in Berlin erstmals bei Hack-Shows wahr.
Ende Januar ist Schluss mit Eine Welt aus Hack, nach knapp neun Jahren will man sich anderen Dingen widmen. „Wir waren uns zuletzt oft nicht einig, welche Shows wir veranstalten und wofür wir stehen wollen“, sagt Grinni, „auch deshalb hören wir jetzt auf.“ Sie selbst meint, Ausstellungen und Performance-Kunst seien oft etwas zu kurz gekommen, „weil man mit den Konzertveranstaltungen schon völlig ausgelastet war“. Während Kirmes fortan für eine Bookingagentur arbeitet, kümmert Grinni sich um eine andere Baustelle: Sie ist Mitbetreiberin des West Germany am Kottbusser Tor – dort hat man gerade einige bürokratische und administrative Hürden zu bewältigen, damit der Laden weiter bestehen kann.
„Aber erst mal: Party“, heißt es in Großbuchstaben in der Ankündigung der Abschlusssause, die ebenfalls im West Germany stattfindet. Unter dem Titel „Das letzte Konzert“ gibt es zwei voll gepackte Konzertwochenenden – unter anderem mit dem Garage-LoFi-Wunder Zentralheizung Of Death Des Todes (ZHOD), bei dem Grinni und Kirmes selbst mitwirken. Zudem eine Ausstellung mit Konzertplakaten, die heute Abend eröffnet. Am 28. Januar soll das Kapitel Hack endgültig geschlossen werden: „Das allerletzte Konzert“.
Eine Welt aus Hack sind – waren, muss man bald sagen – eine der wenigen Veranstalter, die konsequent nur das machten, was ihnen künstlerisch aufregend erschien und was irgendwie knallte, ohne darauf zu gucken, wie viele Leute kommen würden. Man denkt zurück an Sommerabende im hoffnungslos überhitzten West Germany, bei denen das US-Duo Quintron and Miss Pussycat großes Trash-Puppentheater ablieferte, an übersteuerte Gitarren und Hymnen von Mikal Cronin, an Synthesizer-Wahnsinn von Felix Kubin oder von P.U.F.F.
Das allererste Konzert, das ich von Eine Welt Aus Hack sah, war eines der kanadischen Noise-Experimentalisten von Aids Wolf. Ich erinnere mich an eine kreischende Sängerin Chloe Lum. An Gitarren, die Zuckungen im Publikum auslösten. Und ich erinnere mich an viel Schweiß, der von Leibern lief, genauso wie an Ventilatoren, die sisyphosgleich dagegen anarbeiteten.
So waren Hack-Shows: Man hatte immer das Gefühl, gleich fliegt hier irgendwas in die Luft. In diesem Sinne: Take care, Eine Welt aus Hack! Jens Uthoff
18. bis 21., 25. bis 28. 1.: Eine Welt Aus Hack, Thee Ausstellung V. Eröffnung: heute, 19 Uhr. Konzerte + Performances: 20. 1. 20 Uhr, Schlagerparade, mit Hans Harz der IV, BBF Schlümpfe und weiteren, 21. 1. 20 Uhr: Zentralheizung Of Death Des Todes, 206, 27. 1., 21 Uhr: Batalj (Berlin) + Omen (Berlin) et al., Performance: Black Putin Orchestra. 28.01., 20 Uhr. Tarentatec, Black Heino et al. und Abschlussveranstaltung
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