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Fotoserie als eine Art Selbstportrait„Und die Kinder spielen dann mit“

Michalis Pichler arbeitet als Weihnachtsmann und lässt sich dabei von den Familien fotografieren. Daraus ist die Serie „Die Heiligen Abende“ entstanden.

24.12.1999, Berlin-Neukkölln, aus „Die Heiligen Abende“ Foto: (c) Michalis Pichler, VG Bild Kunst

taz: Michalis, wann und warum hast du damit angefangen, ein Weihnachtsmann zu sein?

Michalis Pichler: Angefangen habe ich 1999. Damals war es ein Job, vermittelt durch Tusma, die studentische Arbeitsvermittlung der TU Berlin, den außer mir noch rund 500 weitere Studenten oder Exstudenten in Berlin gemacht haben. Ich habe dann immer weiter als Weihnachtsmann gearbeitet, jedes Jahr an Heiligabend. Die Bedingungen dieser Tätigkeit – „gemieteter Weihnachtsmann“ – sind eigentlich die gleichen geblieben, aber mein Interesse hat sich über die Jahre verschoben, weg von der Bezahlung, auch wenn es die immer noch gibt.

Irgendwann wurden „Die Heiligen Abende“ daraus. Wie viele Fotos hast du?

„Die Heiligen Abende“ umfassen bislang einen Zeitraum von 1999 bis 2015 und rund 200 Fotos – jeweils ein Foto pro Familie und Jahr.

Michalis Pichler

hat auf der Akropolis in Athen eine Bildhauerlehre absolviert, an der TU Berlin Architektur studiert und an der Kunsthochschule Weißensee Freie Kunst. Seine aktuelle Ausstellung, „Exposition Littéraire autour de Mallarmé”, läuft bis 28. Januar 2017 im Kunstverein Mailand. Mehr Informationen: www.buypichler.com

Siehst du das als ein Projekt oder als einen Job, den du noch ewig machen möchtest, oder gibt es einen Schlusspunkt?

Eigentlich denke ich jedes Jahr, dass es das letzte Jahr sein könnte. Ab September oder Oktober lasse ich mir dann trotzdem wieder einen Bart stehen, und dann merke ich langsam, ich mache es noch mal. Es ist eine Tätigkeit, die ich auch lieb gewonnen habe. Und das, obwohl den Weihnachtsmann in dieser Form Coca-Cola erfunden hat!

Wie ist das mit den Kindern, glauben die an den Weihnachtsmann?

Das ist schwer zu sagen. Anfangs hat mich das auch beschäftigt, und ich habe mich gefragt, ob es in Ordnung ist, Kinder zu belügen.

Das tust du ja nicht. Du bist einfach da.

Na ja, es kommt drauf an, wie man es sieht. Ich habe allerdings im Laufe der Zeit gemerkt, dass es oft gar nicht mal die Kinder sind, die an den Weihnachtsmann glauben, sondern die Eltern, die glauben, dass die Kinder an den Weihnachtsmann glauben. Und die Kinder spielen dann mit.

Die Fotos, wie entstehen die?

Es sind Fotos, die die Familien am Ende der Bescherung für ihr Familienalbum machen. Und dort, in den Fotoalben der Familien – und zunehmend auch auf den Festplatten –, bleiben diese Fotos normalerweise auch versteckt.

24.12.2006, Berlin-Reinickendorf, aus „Die Heiligen Abende“ Foto: (c) Michalis Pichler, VG Bild Kunst

Und bekommst du sie dann zugeschickt?

Meistens habe ich eine Kamera dabei, und dann wird mit den Familienfotos eines für mich gemacht. Später frage ich dann, ob ich es verwenden darf.

Und sind alle Familien einverstanden?

Fast alle, ja. Wahrscheinlich auch, weil sie mit mir ein schönes Weihnachten erlebt haben.

Siehst du die einzelnen Fotografien als Kunst, oder ist es die serielle jährliche Wiederholung, die das Projekt ausmacht? Das Werk macht sich nun quasi selbst – ein assistiertes und gefühlsgeladenes Readymade. Mir gefällt die Idee, dass deine Fotos jemand anders gemacht hat.

Ja, ich nehme keinen Einfluss auf den Bildausschnitt und die Bildkomposition. Man kann das wohl konzeptuell nennen. Gleichzeitig ist es ethnografisch und wohl auch autobiografisch und eine Art Selbstporträt.

Aber das bist du als „jemand anders“ …

Eine andere Reihe von Selbstporträts sind „Beweismittel“, die ich ebenfalls seit 1999 sammle: Amtliche Polizeifotos von mir, meistens entstanden bei der Begehung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr.

Du hast schon einige Fotoserien gemacht, die (auch) als Bücher erschienen. So zum Beispiel alle gleich aussehenden Total-Tankstellen rund um Berlin als „Twentysix Gasoline Stations“ und auf den Stadtautobahnen während der Fußball-WM 2006 fotografierte abgebrochene Autowimpel als „Sechsundzwanzig Autobahn Flaggen“. Werden „Die Heiligen Abende“ auch irgendwann ein Buch?

Darauf wird es wohl hinauslaufen.

Zur Person: Michalis Pichler hat auf der Akropolis in Athen eine Bildhauerlehre absolviert, an der TU Berlin Architektur studiert und an der Kunsthochschule Weißensee Freie Kunst. Seine aktuelle Ausstellung, „Exposition Littéraire autour de Mallarmé“, läuft bis 28. Januar 2017 im Kunstverein Mailand.

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