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Flüchtlingspolitik in der ElfenbeinküsteNur noch weg

Das Land ist lange ein beliebtes Einwanderungsland für Westafrikaner gewesen. Doch inzwischen wollen vor allem junge Menschen die Elfenbeinküste verlassen.

Kakao ist ein wichtiges Handelsgut aus der Elfenbeinküste Foto: dpa

Die Elfenbeinküste, in der heute rund 23,7 Millionen Menschen leben, hat eine lange Tradition als Einwanderungsland und ist vor allem für Arbeitsmigranten aus Burkina Faso attraktiv gewesen. Laut einem Zensus aus dem Jahr 1998 waren die 3,4 Millionen Burkinabé mit Abstand die größte Gruppe der Nicht-Ivorer. Viele leben seit Jahrzehnten im Land und waren oftmals im Kakaoanbau beschäftigt. Die Elfenbeinküste ist mit einer jährlichen Produktion von rund 1,7 Millionen Tonnen der weltweit größte Kakaoproduzent. Die Burkinabé gelten als günstige Arbeitskräfte, die oft schlechter als Einheimische ausgebildet sind. Die allermeisten arbeiten im informellen Sektor und haben somit kaum Rechte.

Nach verschiedenen Statistiken aus den Jahren 1998 bis 2006 könnten insgesamt bis zu 7,8 Millionen Einwanderer in der Elfenbeinküste leben. Die Weltbank schätzte 2010 jedoch nur 2,4 Millionen Menschen. Die Abteilung für Bevölkerung bei den Vereinten Nationen (UNPD, United Nations Population Division) geht nun davon aus, dass die Zahl abnimmt und weiter abnehmen wird. Grund dafür sind mehrere politische Krisen ab 2000, wegen der zahlreiche Einwanderer das Land verließen.

Einwanderung hat es in der Elfenbeinküste zwar schon immer gegeben. Unter Präsident Henri Konan Bédié und seinem Konzept der Ivorité entstand jedoch ab den 1990er Jahren eine zunehmende Fremdenfeindlichkeit. So wurde der heutige Präsident Alassane Ouattara 1995 von den Wahlen ausgeschlossen, da seine Eltern angeblich aus Burkina Faso eingewandert waren. Bis heute sei die Frage nach Nationalität in der Elfenbeinküste ein großes Problem, sagt auch Politikwissenschaftler Arsène Brice Bado, der am Zentrum für Forschung und Aktion für den Frieden in der Wirtschaftsmetropole Abidjan arbeitet.

2010 wurden jedoch auch zahlreiche Ivorer selbst zu Flüchtlingen. Nach der Stichwahl Ende November – damals wollte Ex-Präsident Laurent Gbagbo seine Macht nicht an Alassane Ouattara abtreten, woraufhin das Land in eine schwere Krise mit mehr als 3000 Toten stürzte – gingen alleine 250.000 Menschen ins Nachbarland Liberia. Laut UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) lebten bis Mitte 2016 noch gut 20.000 Ivorer im Nachbarland. In Ghana sind es bis heute weiterhin 11.000 Personen.

Neue Abwanderung

Weitere Daten zur Migration in die Nachbarländer sowie nach Europa sind laut „Untersuchung von Migrationspolitik in Westafrika“ (A Survey on Migration Politics in West Africa) der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS aber nur kaum bekannt. Bis zu 1,2 Millionen Ivorern könnten weiterhin dauerhaft im Ausland leben. Silvère Yao Konan von der Universität Félix Houphouët-Boigny nannte die ehemalige Kolonialmacht Frankreich im Jahr 2009 mit 26 Prozent der Migranten das wichtigste Zielland Europas. Auch wandert die Mehrzahl – mindestens 65 Prozent – dauerhaft aus. Das bedeutet: Die Mehrheit der Migranten bleibt mindestens fünf Jahre im Ausland. Laut EU sind es in dort aktuell 80.000 Ivorer, die eine Aufenthaltsgenehmigung haben. Pro Jahr werden 7000 neue Aufenthaltsgenehmigungen ausgestellt.

Das UNHCR schätzt, dass drei Prozent der Migranten und Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, heute Ivorer sind. 2015 stellten 7712 Ivorer Asylanträge; die Aufnahmequote lag weltweit bei 13 Prozent. Auf Platz eins lag Italien vor Frankreich und dem Nachbarland Ghana. Mit 548 Anträgen steht Deutschland an vierter Stelle. Die Rückführungsquote liegt bei 14 Prozent. Laut Frontex-Bericht wurden 2014 rund 25.000 Visa für den Schengen-Raum ausgestellt. Die Ablehnungsquote liegt indes bei 28 Prozent.

Seit 2015 wird Migration in der Elfenküste selbst zu einem immer stärker diskutierten Thema. Das hängt damit zusammen, dass 60 Prozent der Bevölkerung jünger als 25 Jahre alt ist. Trotz zum Teil guter Ausbildung findet die Mehrheit auf dem ersten Arbeitsmarkt keine geregelte Anstellung. Daran hat auch die Wachstumsrate von 8,5 Prozent im Jahr 2015 nichts geändert. Da die wirtschaftliche Situation in den Nachbarländern eher noch schlechter ist, sind sie kein Ziel für eine mögliche Arbeitsmigration. Mehrere Veranstaltungen, unter anderem organisiert von der Generaldirektion der Ivorer im Ausland (DGIE, Direction Générale des Ivoiriens De L'Extérieur), die zum Ministerium für afrikanische Integration und Ivorer im Ausland gehört, sollten junge Ivorer auf die Gefahr der Migration über den Landweg aufmerksam machen.

Biometrische Erfassung

Nach dem Valletta-Gipfel im November 2015 gab es fünf Monate später in Abidjan ein Treffen zwischen Außenminister Abdallah Albert Toikeusse Mabri und seinem niederländischen Amtskollegen Bert Koenders. Die Niederlande hatten zu diesem Zeitpunkt die EU-Ratspräsidentschaft inne. Nach Angaben der EU fehlt der Elfenbeinküste weiterhin eine verabschiedete nationale Strategie zur Migrationspolitik. Die nationale Strategie soll jedoch Grundlage für die weitere Zusammenarbeit der Elfenbeinküste mit der EU sowie die Umsetzung der Valletta-Ziele sein.

Für die EU hatte Koenders außerdem mit der Elfenbeinküste ein Abkommen zur Bekämpfung illegaler Migration ausgehandelt; Das Ziel ist die Entwicklung einer effektiven Strategie für eine systematische Rückkehr von Migranten, die außerdem „entmutigt werden sollen, ihre Leben in Gefahr zu bringen“. Ergebnisse waren bis zum Jahresende angekündigt worden.

Im elften Europäischen Entwicklungsfonds sind für die Jahre 2014 bis 2020 insgesamt 273 Millionen Euro eingestellt, die sich auf drei Bereiche aufteilen: Stärkung des Staates und Sicherung des Friedens, Landwirtschaft und der Energiesektor gehören. Mit 139 Millionen Euro nimmt er finanziell den größten Teil ein. Im Europäischen Treuhandfonds ist die Elfenbeinküste jedoch kein Schwerpunktland.

Die Elfenbeinküste hat bereits 2009 einen biometrischen Reisepass eingeführt. Für die Ausstellung verantwortlich ist das nationale Unternehmen zur Ausstellung von Ausweispapieren gemeinsam mit dem 1984 gegründeten Unternehmen Zetes. Beide sind auch für das 2013 eingeführte biometrische Visum zuständig, das online beantragt und bezahlt werden kann. Bei der Einreise wird es ausgestellt und in den Reisepass geklebt.

Auf dem Landweg bleibt die Grenzkontrolle – zumindest zu den Nachbarländern Liberia und Guinea – jedoch schwierig bis unmöglich. Während und nach der Wahlkrise Ende November 2010 konnten sich beispielsweise Anhänger von Ex-Präsident Gbagbo immer wieder auf die liberianische Seite flüchteten. Dichte Wälder, durch die keine befestigten Straßen führen, machen die Region nur schwer kontrollierbar. Vor allem in der Regenzeit lassen sich die Pisten an einigen Stellen so gut wie nicht passieren. Bewohner, so sagte ein Grenzer auf ivorischer Seite im Oktober 2011, würden nur selten offizielle Übergänge nutzen, sondern stattdessen die grüne Grenze.

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