: Völlig meinungsfrei
WK Einen Artikel, über dessen rassistischen Grundton sich Flüchtlings-Inis beschweren, wertet WK-Chef Döbler als streng nachrichtlich
Für „in keiner Weise nachvollziehbar“ hält Weser-Kurier (WK) Chefredakteur Moritz Döbler eine Beschwerde von vier Bremer Flüchtlingshilfe-Organisationen über einen Beitrag zur Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen für 80 AfghanInnen. In einer Freitag gemailten öffentlichen Stellungnahme hatten die Vereine Flüchtlingsinitiative, Flüchtlingsrat, Fluchtraum und Zuflucht – ökumenische Ausländerarbeit einen Artikel kritisiert, in dem WK-Redakteur Jürgen Theiner sich übers Stadtamt empört habe.
Der Beitrag habe „rassistische Vorurteile in der Bevölkerung“ durch die Unterstellung geschürt, die Erteilung von 80 befristeten Aufenthaltstiteln an AfghanInnen wäre rechtswidrig erfolgt. So hatte ihn auch die Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann (CDU) gedeutet: In einer Mitteilung bezog siesich zustimmend auf ihn, um Bremens Duldungspraxis zu skandalisieren (taz berichtete).
Nach Döbler alles Fehllektüren: In seiner Replik bewertet er Theiners Beitrag als „streng nachrichtlich gehaltenen, ausgewogenen Artikel“. Nirgends habe sich der Redakteur empört. „Auch Unterstellungen einer rechtswidrigen Erteilungspraxis“ erkenne er, Döbler, keine.
Theiners Wortwahl freilich erfüllt das Kriterium „streng nachrichtlich“ nicht durchgängig. So heißt es bereits im ersten Satz, die Ausländerbehörde habe den AfghanInnen ihre Aufenthaltserlaubnisse „verschafft“ – statt sie zu erteilen. Zudem urteilt der Verfasser, es seien „offenbar ausländerrechtliche Bestimmungen zumindest sehr wohlwollend ausgelegt“ worden, eine Wertung, die er später im Text wiederholt.
„Von den lokalen Medien“, so die Flüchtlings-Inis, „erwarten wir eine Berichterstattung, die nicht durch gezielte Unterstellungen rassistischen Vorurteilen Vorschub leistet.“ Das könnten sie „zu Recht zu erwarten“, antwortet ihnen Döbler nun, betont aber, dass für ihn der fragliche Artikel diese Erwartung erfüllt. bes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen