In der Homobar nachts um halb eins

Roman Robin verliebt sich in Karina, die Ex von Kato: Katrin Franks „Dienstag: Homobar“ spielt in der queer-feministischen Szene

Katrin Frank ging nicht nur zwecks Recherchen regelmäßig am Dienstag ins Möbel Olfe am Kotti, zur sogenannten Mädchendisko, dem wöchentlichen Treff für Lesben und Queers. So wie Robin, der Hauptfigur ihres ersten Romans mit dem Titel „Dienstag: Homobar“, schmeckte auch ihr das polnische Fassbier, das dort ausgeschenkt wird, nur allzu gut. Und wie Robin legte auch sie bei ihrem Brotjob als freie Lektorin stets mittwochs einen Katertag ein. Und so wie die wichtigste Protagonistin ihres Buchs dann auch irgendwann eine Auszeit vom auszehrenden Nachtleben im Olfe brauchte, das im Roman Molfe genannt wird, verbringt auch Katrin Frank gerade ihre Dienstagabende lieber daheim als am Tresen. „Ich hab’s übertrieben mit dem Feiern. Das war irgendwann nicht mehr lustig“, sagt sie. Derzeit also kein Möbel Olfe mehr für sie.

Alles sei nun eben etwas anders bei ihr als in der Zeit, bevor sie mit dem Schreiben an ihrem Roman begonnen hat, erzählt sie. Saufen und schreiben, das mag in der Literatur zu manch geglücktem Ergebnis geführt haben, bei ihr sei das jedoch nicht so. Sie brauche einen klaren Kopf zum Schreiben, und inzwischen sitzt sie bereits an ihrem zweiten Roman. Deswegen keinen Alkohol mehr für sie, nicht nur nicht an Dienstagen, sondern überhaupt. Auch in der „Homobar“, in der man sich mit Katrin Frank zum Gespräch verabredet, sagt sie immer nur: Bitte noch eine Apfelschorle.

Den Kotzkübel reichen

Die Geschichte, die Katrin Frank in „Dienstag: Homobar“ erzählt, ist recht klassisch als Dreiecksbeziehung angelegt, die jedoch Konfliktstoff ohne Ende bietet. Robin liebt die einnehmende Kato, aber nur rein platonisch. Sie übernachtet immer wieder bei ihr, aber nur, damit jemand neben ihr liegt, falls ihr nach zu vielen Bieren mal wieder jemand den Kotzkübel reichen muss. Dann jedoch verliebt sich Robin Hals über Kopf in Karina, auf die Kato sofort eifersüchtig ist. Erschwerend für das Gleichgewicht zwischen den dreien ist außerdem: Karina ist die Exfreundin von Karo.

Während die drei auf ihrem Karussell der Gefühle hocken und ein zwischenmenschliches Drama auf das andere folgt, taucht der Leser gleichzeitig ein in die Berliner Lesben- und Queerszene. Oder doch zumindest in die Bereiche der Szene, in denen sich Robin bewegt, die „alternative, queer-feministische Szene“, wie Katrin Frank sie beschreibt. Dreh- und Angelpunkt dieser Szene ist das Molfe und dessen Dienstage, an denen sich die Dykes und Butches und hin und wieder auch einmal eine Femme zum Flirten und Feiern treffen.

Das Molfe ist ihr Ort, und dort ist ihr Stammtisch, an dem sie unter sich sein und die Freiheit genießen können, die ihnen dieser besondere Laden am Kottbusser Tor Woche für Woche gewährt. Dabei beschreibt Katrin Frank keine heile Welt der Queers, sondern auch Szenegezänk und aufreibende Abnutzungskämpfe. Femmes werden von Queers gedisst, und die Molfe ist am Ende auch nur ein Baggerschuppen, in dem nach Frischfleisch Ausschau gehalten wird. Liebe und gar eine echte Beziehung ist schwer zu haben unter diesen Frauen, das muss auch Robin, die sich freilich selbst nicht ganz klar dar­über ist, ob sie sich wirklich nach etwas Ernsterem sehnt, feststellen.

Und dann sind da auch noch diese nervigen Hipster-Lesben, wegen denen auf Szenepartys immer dieser schreckliche Neunziger-Eurodance läuft und viel zu selten Postpunk und Gruftimusik, wie Robin ihn liebt.

Am Ende des Romans, so sieht es aus, findet Robin dann doch noch ihr Glück – und das in Berlin, das Katrin Frank die „Hauptstadt der Beziehungsgestörten und der Unverbindlichkeit“ nennt. Sie selbst ist dagegen gerade Single und hat nicht so viel Hoffnung, dass sich das in Berlin so schnell ändern wird. Sie überlegt ernsthaft, nach Leipzig zu ziehen. Jetzt, wo sie eh nicht mehr ins Olfe geht, hält sie in Berlin sowieso nichts mehr.

Andreas Hartmann

Katrin Frank: „Dienstag: Homobar“. Pegasus, Berlin 2016, 218 Seiten 9,99 Euro