„Ungenierte Finanzierung“

Medien AfD-Europaabgeordneter Pretzell sponsert mit EU-Geldern ein rechtsextremes Magazin

HAMBURG taz | Das Format bedingt die Pointierung. In der rechtsextremen Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin wird unter dem Titel „In der Zwickmühle“ Marcus Pretzell deutlich, die „weltfremden Benelux-Bürokraten und größenwahnsinnigen Kerneuropäer“ würden mit ihrem multikulturellen Europa auf den Widerstand von Viktor Orbán und Robert Fico stoßen, „die ihrem Menschenverstand folgen und auf den Willen ihres Volkes hören“. Die Slowakei und Ungarn, schreibt der AfD-Europaabgeordnete, „sollen sich für ein paar lumpige Euro den Kampf der Kulturen ins Land holen“. Als Kommentar ist der Text untertitelt. Ein redaktioneller Beitrag scheint der Meinungstext aber nicht zu sein, sondern eine bezahlte Anzeige.

AfD-Bundesvize Alexander Gauland ist bereits Gesprächspartner in der Zuerst! gewesen. Auf Seite 45 findet sich in der aktuellen Dezemberausgabe der zweispaltige Kommentar mit dem Konterfei von Pretzell und dem Logo der „ENF“, der Fraktion Europa der Nation und Freiheit. Rechts oben am Rande der Seite steht schräg: „Anzeige“. Anzeige? Hat der Europaabgeordnete der AfD um Bundessprecherin Frauke Petry Geld für den Kommentar an das rechtsextreme Magazin überwiesen? Wurden die Kosten von der von Marine Le Pen geführten Europafraktion beglichen?

Seit dem 1. Mai dieses Jahres gehört Pretzell der Fraktion an. Eine Nachfrage der taz per E-Mail ließ Pretzell unbeantwortet. Ein Nachfassen bei der Redaktion des Magazins aus der Verlagsgruppe „Lesen & Schenken GmbH“ blieb ebenso ohne Antwort. Die Verlagsgruppe wollte auch nicht mitteilen, ob über den Abgeordneten oder die Fraktion Gelder aus dem Europäischen Parlament zu ihnen geflossen sind. „Die AfD finanziert hier ungeniert ein rechtsradikales Blatt“, sagt Jan Philipp Albrecht, innen- und justizpolitischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion.

Andreas Speit