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Er singt

HALLO? Bob Dylan singt. Aber er spricht nicht – nicht mal mit dem Nobelpreiskomitee

SCHWEIGEN ist Gold, denkt sich Bob Dylan und sagt erst einmal nichts. Vergangene Woche war der 75-Jährige mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet worden – als erster Musiker in der Geschichte des Preises. Während das Internet diskutiert und jeder Prominente eine Meinung hat, rätselt die Öffentlichkeit, was der Diskutierte über die Auszeichnung denkt.

Am Abend der Verkündung spielt er ein Konzert in Las Vegas. Schon vorher hatte sein Sprecher mitgeteilt, Dylan werde kein kurzfristiges Statement abgeben. Zu Beginn des Konzerts sagt er „Hello Las Vegas“. Das war’s. Sein Schweigen zieht er durch, Rufe aus dem Auditorium – „Nobel Laureate!“ (Nobelpreisträger!) – überhört er. Als Zugabe dann „Blowin’ in the wind“, das Publikum ist euphorisch, Dylan verlässt die Bühne. Dylan spricht selten bei Auftritten, für den Nobelpreis macht er keine Ausnahme.

Auch fünf Tage nach der Verkündigung hat er noch kein Wort von sich gegeben. Die Jury habe den Sänger bisher noch nicht gesprochen, sagte ein Sprecher der Schwedischen Akademie der dpa am Dienstag. Er sei einfach nicht an sein Telefon gegangen. „Wir machen kein Aufhebens darum. Wir haben seinen Agenten und den Tourmanager erreicht, und sie werden uns zu gegebener Zeit zurückrufen“, so der Sprecher. Dylans engster Mitarbeiter habe E-Mails bekommen und freundlich beantwortet. „Wir haben nur nicht persönlich mit ihm gesprochen.“ Die Anrufe haben sie nun eingestellt.

Eine Einladung zur Verleihung am 10. Dezember in Stockholm habe er per Post bekommen, aber ebenfalls nicht beantwortet. „Er ist Preisträger, und wenn er nicht kommt, ist er das trotzdem noch.“ Sara Danius, ständige Sekretärin der Akademie ist nicht beunruhigt: „Ich habe das Gefühl er wird kommen.“ Wenn nicht – groß gefeiert werde trotzdem.

Der Literaturnobelpreisträger kann gut mit Worten – seine poetischen Neuschöpfungen in der amerikanischen Song­tradition wurden gelobt. Doch jetzt scheinen ihm die Worte zu fehlen. Rockstarallüren, Bescheidenheit oder digitaler Detox? Und die wichtigste Frage: Kommt er oder kommt er nicht? The answer my friend, is blowin’ in the wind. Judith Freese