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Der WochenendkrimiGeständnis Now

„Tatort: Leerstand“, So. 20.15 Uhr, ARD

Seit einigen Jahren steht das alte Polizeipräsidium schon leer, in Dellwos altem Büro weht noch immer sein Marc-Bolan-Poster im Zugwind. Doch für Nostalgie ist keine Zeit. Eine Leiche soll in dem Gebäude liegen, Dellwo (Jörg Schüttauf) und Kollegin Sänger (Andrea Sawatzki) suchen danach vergeblich, treffen stattdessen auf einen alten Bekannten: Decker (Christian Berkel), dessen Tochter vor vier Jahren gekidnappt worden war und seitdem als vermisst gilt.

In Flashbacks wird die entscheidende Nacht des Entführungsfalls gezeigt: Den Täter hatte Dellwo damals geschnappt, das Versteck der Geisel konnte er jedoch nicht aus ihm rauskriegen. Vielleicht war er zu zimperlich: Als sein Vorgesetzter eine Scheinexekution des Täters inszenierte, war Dellwo dazwischengesprungen. Das hat Decker damals nicht überwunden; nun haust der verzweifelte Vater eben hier in dem alten Polizeipräsidium, für ihn eine Ruine der Gerechtigkeit. Seine Entourage besteht aus ein paar paramilitärisch gedrillten Junkies, seine Unversöhnlichkeit erinnert ein wenig an Colonel Kurtz in „Apocalypse Now“. Auch den Entführer von damals hat Decker in seine Gewalt gebracht, Dellwo soll ihn noch einmal verhören …

Ganz eindeutig ist dieser Tatort vom „Folterprozess“ gegen den einstigen Frankfurter Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner inspiriert. Doch inszenierte „Tatort“-Erneuerer Niki Stein („Das Böse“!) seine Episode nicht als Lehrstück über die Potenzen und Grenzen staatlicher Gewalt; vielmehr legt er „Leerstand“ als aberwitzigen Psychotrip an, in dem der Zuschauer gezwungen wird, sich in die Lage des Ermittlers zu versetzen. Wahrscheinlich hat der Polizist damals richtig gehandelt – und gerade dadurch doch den Tod der Geisel mit zu verantworten. Es bleibt die Ungewissheit. Die Rückblenden zur entscheidenden Nacht schneidet Stein recht spät in den Plot, und dann auch noch recht schroff und unvermittelt – Erinnern tut weh.

Der Soundtrack (Jacki Engelken und Ulrik Spies) dräut derweil düster wie bei Bernard Herrmann. Klar, es gibt einige Schwachstellen in diesem „Tatort“, zum Beispiel die psychologisch schlichte Auflösung. Ansonsten aber verweigert sich Stein allzu einfachen Antworten. Heldenhafte Regelverstöße sucht man hier ebenso vergeblich wie billige Law-&-Order-Rhetorik. Das „gesunde Volksempfinden“, von dem in „Leerstand“ mehrmals die Rede ist, wird nicht bedient. Man darf davon ausgehen, dass die Quoten – schon wegen der nervösen nonlinearen Erzählung – mal wieder eher trübe ausfallen werden. Wir wünschen ihn uns im Prinzip trotzdem genau so, den Frankfurter „Tatort“. CHRISTIAN BUSS

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