Heute in Bremen: „Grundsätzlich verschlüsselt“
Datenschutz Die Landesmedienanstalt lädt zur Diskussion über Medienbildung und „Big Data“
ist Professorin für Medienpädagogik an der Technischen Hochschule Köln.
taz: Frau Zorn, wie schützen Sie Ihre Daten?
Isabel Zorn: Meine Kommunikation ist grundsätzlich verschlüsselt und ich überlege genau, was ich wo kommuniziere. E-Mails sind heutzutage wie Postkarten. Ich versuche meine Daten zu schützen, wo es nur geht.
Warum „versuchen“?
Weil Datenschutz selbst als Expertin sehr schwierig ist. Viele Apps fordern Berechtigungen, die sie eigentlich gar nicht brauchen. Dann müssen Alternativen her. Auch der Gruppenzwang spielt eine Rolle. Wenn Freunde und Familie Whatsapp nutzen, kann ich mich dem nicht einfach entziehen. Das führt zu sozialer Exklusion.
Wie stehen Sie zu „Big Data“?
Das ist ein sehr unspezifischer Begriff. Er beschreibt eine Technologie, die eine riesige Menge an Daten erheben und speichern kann. Inhaltlich ist die Analyse dieser Daten gemeint. Die kann in vollem Umfang auch erst in zehn Jahren stattfinden. Gefährlich wird es, wenn nicht mehr transparent ist, ob und welche Daten erhoben werden. Denn wenn Menschen das Gefühl haben, beobachtet zu werden, ändern sie ihr Verhalten.
Was meinen Sie?
Es ist zum Beispiel denkbar, dass Menschen aus Angst vor allgegenwärtiger Überwachung nicht mehr auf Demonstrationen gehen.
Ist die Technik schon so weit?
Irgendwann kann „Big Data“ vielleicht verpixelte Gesichter wieder erkenntlich machen. Das wird dann auch Auswirkungen auf die Demokratie haben. Das Recht auf informelle Selbstbestimmung ist da sehr wichtig.
Ist „Big Data“ nicht auch ein Traum für die Wissenschaft?
Natürlich! Es gibt viele Vorteile. Wir können zum Beispiel Krankheiten oder den Verkehr besser analysieren. Während früher Umfragen mit 1.000 Teilnehmer schon groß waren, berücksichtigen wir heute schnell bis zu 100.000 Personen. Dadurch ergeben sich enorme Möglichkeiten, die vorher nicht existierten.
Welchen Einfluss hat dies auf die Wissenschaft?
Die Reihenfolge der Forschungslogik ändert sich. Üblicherweise ging die Fragestellung der Datenerhebung voraus. In Zeiten von „Big Data“ haben wir aber zuerst die Daten, und aus vorhandenen Mustern ergeben sich anschließend die Fragen. Weiterhin ist Forschung immer häufiger interdisziplinär. Haben Sozialwissenschaftler noch die Kompetenzen, diese Daten auszuwerten? Oder müssen wir nicht die Informatiker ins Boot holen? Das sind die Fragen, mit denen sich die Wissenschaft in Zukunft beschäftigen muss.
Was muss sich ändern?
Wir brauchen eine Plattform, die über Alternativen zu Whatsapp und Co informiert. Handlungsbedarf sehe ich auch bei den Verantwortlichen in Bildungseinrichtungen. Wir können Schülern nicht ständig verantwortungsvollen Umgang mit ihren Daten predigen, um dann über Facebook zu kommunizieren. Das ist unglaubwürdig und widerspricht der Vorbildfunktion. Interview:Lukas Thöle
Vortrag und Diskussion:16 Uhr, Zentralbibliothek
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