piwik no script img

Der Karriere-Vater

„Unser Leben ist sehr gut durchgetaktet“, räumt Ingo Laabs ein

Ich habe beim ersten Kind vor acht Jahren Elternzeit genommen – nur 2 Monate lang. Bei der Kleinen habe ich keine genommen.

Ich bin studierter Volkswirt, arbeite seit 2009 im Bereich Windenergie und baue seit ein paar Jahren ein Unternehmen auf. Ich muss richtig Gas geben. Es war also beim zweiten Kind gar nicht möglich, dass ich Elternzeit nehmen kann. Ich arbeite dort in verantwortlicher Position, ich bin Geschäftsführer der Firma, es war also keine ökonomische Entscheidung, dass wir uns die Kinder so aufteilen, wie wir es tun.

Meine Frau dagegen ist angestellt und konnte darum Elternzeit nehmen und auch in Teilzeit arbeiten, organisiert die Kinder und den Haushalt mehr als ich.

Im Augenblick versuche ich, meine Arbeitszeit gerade besser zu organisieren und dadurch auch reduzieren zu können. So hat es auch ein Freund von mir hinbekommen, der seine Arbeitszeit deutlich reduziert hat, um sich mehr um das Familienleben zu kümmern.

Das heißt: Ich will nicht mehr 60 Stunden die Woche arbeiten, sondern ich versuche, dass ich auf 40 pro Woche komme. Dann hätte ich eine gute Work-Life-Balance erreicht. Darum bin ich gerade sehr heiß darauf, Verantwortung in der Firma abzu­geben. Aber diese 40 Stunden, die muss ich schon arbeiten.

Was möchtest du, Lisbeth? Müsli gibt’s hier doch gar nicht!

Ich finde es nicht nur ungerecht, wenn die Mütter nur wenig im Beruf arbeiten können, sondern auch wenn die Väter zu viel arbeiten. Damit meine ich: Beruf und Familie sollten besser in Einklang gebracht werden können, unabhängig von Geschlecht und Position.

Am coolsten fände ich es, wenn ich weniger arbeiten könnte. Am liebsten würde ich drei Tage die Woche arbeiten, das würde mir absolut reichen.

Arbeiten und Karriere: das ist für mich kein Selbstwert. Aber dass alle gleich viel und gleich lang arbeiten – das ist eine Utopie. Für mich und meine Situation ist es einfach unrealistisch, nur 30 Stunden die Woche zu arbeiten. Daran ist nicht die „Gesellschaft“ schuld, die Verantwortung dafür trage ich.

Hey! Lisbeth! Nicht mit den Steinen werfen!

Früher war es so, dass ich es nie zum Abendbrot nach Hause geschafft habe. Das will ich nicht mehr.

Heute hole ich die Kleine zweimal pro Woche um 17 Uhr von der Kita ab. Zweimal die Woche bringe ich sie auch in die Kita. Das muss ich dann anderswo rausarbeiten.

Ingo Laabs Früher war es so, dass ich es nie zum Abendbrot nach Hause geschafft habe. Das will ich nicht mehr

Unser Leben ist sehr gut durchgetaktet. Manchmal ist es so, dass Lisbeth an einem Tag von der Oma abgeholt wird, am nächsten Tag vom Papa, dann von der Babysitterin und dann von der Mama. Dann sind wir froh, dass alles halbwegs funktioniert.

Und dann ist wieder an der Schule ein Betriebsausflug oder irgendwas – und alles muss neu organisiert werden.

Ingo Laabs, 1970 geboren, Unternehmer und Vater zweier Töchter (8 und 2 Jahre alt)

Protokoll: Susanne Messmer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen