Auf Knopfdruck Speicherung

BodyCams Baden-Württembergs Landtag beschließt am Mittwoch den Einsatz für Polizisten

Wenn eine Kamera läuft, soll dies für Bürger ersichtlich sein

KARLSRUHE taz | Polizisten in Baden-Württemberg sollen bald mit BodyCams ausgestattet werden. Das sind kleine Kameras, die auf der Schulter oder auf Brusthöhe befestigt sind. Ein entsprechendes Gesetz wird der Landtag heute mit schwarz-grüner Mehrheit beschließen.

Die Regierungskoalition hofft, dass damit Angriffe auf Polizeibeamte verhindert werden. Die Videodokumentation einer Situation könne zur Deeskalation beitragen. Falls es dennoch zu Übergriffen kommt, ließen sich diese vor Gericht leichter beweisen. Der Gesetzentwurf erwähnt nicht, dass so auch das Handeln der Polizei besser kontrolliert werden könnte.

Die BodyCam ist beim normalen Streifengang ausgeschaltet. Sobald die Polizei aber zu einem konkreten Einsatz gerufen wird, läuft die Aufzeichnung von Bildern und auch Tönen. Vorgesehen ist dies allerdings nur im öffentlichen Raum, also auf Straßen und Plätzen. Wegen des besonderen grundrechtlichen Schutzes der Wohnung soll dort kein BodyCam-Einsatz erlaubt werden. Wenn eine Kamera läuft, soll dies für die Bürger ersichtlich sein.

Im Standardbetrieb werden die Aufnahmen 60 Sekunden lang gespeichert und dann überschrieben. Wenn eine Straftat droht oder wenn es brenzlig wird, drückt der Polizist einen Knopf an seiner BodyCam, und das Geschehen wird dauerhaft gespeichert. Dann bleiben auch die letzten 60 Sekunden vor der Aktivierung festgehalten.

Dieses „Pre-Recording“ ist besonders umstritten und wurde vom Landesbeauftragten für den Datenschutz, Lars Klingbeil, kritisiert. Um auch die Zeit vor der Aktivierung dokumentieren zu können, müsse die Kamera ständig Aufnahmen erzeugen. Das sei aber eine massive „Datenspeicherung auf Vorrat“, die auch viele Unbeteiligte erfasse. Innenminister Thomas Strobl (CDU) verteidigte das Pre-Recording: „Nur so ist auch die Vorgeschichte dokumentiert.“ Außerdem wäre so auch ein überraschender Angriff aufgezeichnet.

Klingbeil hat das nicht überzeugt. Er stellt nun sogar infrage, ob hier überhaupt ein Landesgesetz möglich ist. Wenn nicht mehr die Vermeidung von Angriffen, sondern die Dokumentation für spätere Strafverfolgung im Mittelpunkt stehe, müssten die BodyCams in der Strafprozessordnung geregelt werden, einem Bundesgesetz.

Die SPD-Opposition macht sich die Kritik des Datenschützers am Pre-Recording zu eigen. Grundsätzlich ist sie aber für BodyCams und hat einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, nach dem das Geschehen erst aufgenommen und gespeichert werden soll, wenn der Polizist die Kamera aktiviert hat.

Die Praxis anderer Bundesländer ist uneinheitlich. In Hessen ist das Pre-Recording gesetzlich vorgesehen, in Hamburg nicht. Weitere Bundesländer diskutieren oder experimentieren noch. Auch bei der Bundespolizei läuft ein einjähriger Modellversuch.

Bürgerrechtler von der Humanistischen Union halten die BodyCams dagegen für kontraproduktiv. Die meisten Randalierer seien alkoholisiert oder stünden unter Drogen. „Bei solchen enthemmten Tätern führt der Einsatz von BodyCams eher zu einer Eskalation als zu einer Besänftigung“, glaubt der HU-Landesvorsitzende Udo Kauß.

Christian Rath

meinung + Diskussion SEITE 12