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Sexismus in der Berliner CDUAufschreien statt hochschlafen

Eine CDU-Politikerin erhebt schwere Vorwürfe gegen ihre Partei und den Berliner Chef Henkel. Sie hofft auf eine Debatte – auch in anderen Parteien.

Ist ihrer Partei, der CDU, gerade nicht so grün: Jenna Behrends wirft vor allem einem Parteifreund üblen Sexismus vor Foto: dpa

Berlin taz | Jenna Behrends schaut auf ihr Handy. Den ganzen Tag schon vibriert es. Es melden sich Leute, die ihr gratulieren, und andere, die sie als Nestbeschmutzerin beschimpfen. Als sie sich mit der taz zum Gespräch trifft, fragt gerade CDU-Generalsekretär Peter Tauber nach, ob es ihr auch gutgehe.

Ja, Jenna Behrends geht es gut. Die 26 Jahre alte Jurastudentin sitzt auf einer Parkbank in Berlin-Mitte. Es ist Nachmittag, aus den Schulen und Kindergärten ringsum strömen Eltern mit ihren Kindern. Noch schnell ein Eis, dann geht es hinüber zum Spielplatz. Eigentlich wäre Jenna Behrends eine dieser Mütter, die, einen bunten Fahrradhelm am Handgelenk, ihrem Kind etwas zu trinken reichen. Aber Behrends hat dafür gesorgt, dass sich an diesem Freitag jemand anderes um ihre Tochter kümmert. Sie hat geahnt, was nach ihrem offenen Brief an ihre Partei, die CDU, kommen würde.

„Warum ich nicht mehr über den Sexismus in meiner Partei schweigen möchte“, lautet der Titel eines Textes, den sie für Edition F, das Netzmagazin für Frauen, geschrieben hat. Darin schildert sie, wie die Parteifreunde der Berliner CDU auf sie als politische Quereinsteigerin reagiert haben. Zuerst mit Misstrauen. Dann mit Verleumdungen, sie habe sich auf den aussichtsreichen Listenplatz 6 hochgeschlafen. Schließlich mit unverhohlenem Sexismus.

„Fickst du die?“ soll der scheidende CDU-Innensenator Frank Henkel einen CDU-Kollegen aus dem Abgeordnetenhaus gefragt haben. Bei anderer Gelegenheit soll Henkel die Kandidatin und deren kleine Tochter folgendermaßen begrüßt haben: „Oh, eine kleine süße Maus. Und eine große süße Maus.“ In einer Stellungnahme gab sich Henkel verwundert und „ein bisschen enttäuscht über Inhalt und Stil dieses offenen Briefes“. Die Zitate dementierte er nicht.

Behrends nervte das alles unendlich. In ihrem offenen Brief schreibt sie: „Liebe Partei, ich weiß, du lästerst gerne bei zu viel Bier. Aber die junge Frau, die bereit wäre, sich für ein kommunales Ehrenamt hochzuschlafen, gibt es nur in deiner schmutzigen Fantasie. Die junge Frau, die ständig mit den Gerüchten um ihre angeblichen Affären konfrontiert wird, die gibt es in echt.“

Mails von SPD, Grünen und FDP

Seit Behrends' Text online ging, ist der Teufel los. Sie hat das so in etwa erwartet. Aber, sagt sie, „ich finde die Debatte wichtig“. Mehrfach habe sie parteiintern das Thema angesprochen. Zur Antwort erhielt sie Sätze wie „So sind wir halt“. Wenn sie schon so ein bisschen Alltagssexismus aus den Schuhen haue, solle sie sich besser fragen, ob das was wird mit ihr und der Politik.

„Das muss und darf so nicht sein“, sagt Behrends.

Alle Parteien hätten ein strukturelles Problem mit Frauen. „Ich kriege gerade unendlich viele Mails aus der SPD, von den Grünen und der FDP“, schildert sie die Reaktionen. „Politikerinnen aus den bekanntesten Bundesebenen haben sich bei mir für diesen Brief bedankt.“ Ihr wäre es lieber, wenn das Thema Sexismus in der Politik generell geführt werde. Ihre Berliner Mitte-CDU habe schließlich an sie geglaubt, sonst hätte sie kaum den guten sechsten Listenplatz bekommen.

Sie wisse aber auch, dass sie eine Art Quotenfrau sei: „Ohne die wäre ich nicht drin gewesen, ganz klar“. Sie sei immer gegen die Quote gewesen, erzählt sie. Frauen müssten es aus eigener Kraft in verantwortliche Posten schaffen, so hatte sie sich das vorgestellt. Seit sie in der Berliner CDU ist, weiß sie: So wird das nichts.

Tatsächlich verfügt die Bundespartei seit zwanzig Jahren über ein Quorum, eine Art Frauenquote light. Es soll den Anteil an Frauen in bestimmten Positionen auf dreißig Prozent erhöhen, ohne jedoch zwingende Vorschriften zu machen. Das Alibi-Instrument funktioniert mehr schlecht als recht. Keine Partei im Bundestag ist derart dominiert von Männern. Seit nach der letzten Bundestagswahl Generalsekretär Peter Tauber eine Parteireform auf den Weg gebracht hat, bewegt sich etwas. Die CDU soll für Junge, Zuwanderer und – vor allem – Frauen attraktiv werden. Raus aus den Hinterzimmern, Mitbestimmung auch online, familienfreundliche Sitzungszeiten, derlei.

Es geht nicht nur um Henkel

Das strukturelle Problem der Partei wird offenbar dann sichtbar, wenn Frauen diese neuen Rechte für sich in Anspruch nehmen. Behrends wurde in der Berliner CDU mehrfach unterstellt, sie habe ein Verhältnis mit ihrem Ortsvorsteher. „Ich gehöre als junge Frau und alleinerziehende Mutter offenbar zu dem, was andere als modern bezeichnen“, erzählt sie. „Auf jeden Fall anders.“

Wie geht es jetzt weiter mit ihr und ihrer Berliner CDU? Behrends hofft auf Erneuerung. Als mögliche neue Vorsitzende ist Kulturstaatsministerin Monika Grütters im Gespräch. Aber selbst wenn nicht – Behrends betont, sie habe mit ihrem offenen Brief „kein CDU-Bashing“ betreiben wollen. Ihre Kritik betreffe eine bestimmte Gruppe in der Partei. Das Problem an der Person Frank Henkels festzumachen, sei viel zu einfach. „Das sind auch die, die die Gerüchte genüsslich weitererzählen.“

Den offenen Brief, sagt sie, hätte sie auch veröffentlicht, wenn ihre CDU nicht so schlecht abgeschnitten hätte bei der Abgeordnetenhauswahl. Sie habe extra bis nach dem 18. September gewartet, um eben nicht zu einem mieseren Wahlergebnis beizutragen. „Aber“, sagt Jenna Behrends, „die Partei schadet sich, wenn wir nicht darüber sprechen.“ Jetzt tut sie es.

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8 Kommentare

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  • Die Überschirft gewinnt deutlich an Humor, wenn die Behauptung stimmt, dass Frau Behrends mit Herrn Tauber eine Affäre gehabt soll. Das Dementi klang halbherzig.

     

    Insofern kann man wohl nicht zu Unrecht behaupten, dass an der Aussage etwas dran ist. Nur umgekehrt zudem, was die Taz daraus gemacht hat.

    "Sexismus in der CDU: Hochschlafen dann aufschreien"

  • Wir haben eine Bundeskanzlerin , jede menge Ministerinen bei der Polizei sehe ich auch mehr weibliche als männliche angestellte, Springerverlag und Bertelsmann gehört jeweils einer Frau.

     

    Vielleicht wissen die besser über Sexismus besser bescheid.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Der Anteil der Frauen in allen Parteien steigt stetig an, abgesehen von der Linken, da sind die Werte in den letzten zehn Jahren um ~8% gefallen. (https://goo.gl/wfbOn4) Generell lässt sich sagen das der Anteil der Frauen ums höher ist, je sozialer die Partei ist. Entsprechend wundert es nicht unbedingt das der Frauenanteil in der CDU nur bei gut einem Viertel der Mitglieder liegt. Allerdings liegt er auch im Durchschnitt der Parteien nur bei knapp 1/3 der Mitglieder.

    Übringends kein Sexismus. Frauen haben im Schnitt weniger Interesse an Politik. (https://goo.gl/6Jce7 Abschnitt "Frauen haben weniger Interesse an (institutionalisierter) Politik als Männer ")

     

    Der Titel des Artikels gefällt mir nicht und er widerspricht auch Frau Behrends Aussagen.

    Sie sagt extra das sich ihre Probleme nicht auf die gesamte Partei beziehen sondern auf eine Gruppe in der Partei. Die taz macht daraus “Eine CDU-Politikerin erhebt schwere Vorwürfe gegen ihre Partei ...” was mich wiederum nicht sonderlich wundert. Es wäre ja zu einfach zu schreiben “Einige CDU-Mitglieder sind sexistisch!”. Das wäre eben auch keine Schlagzeile Wert und das würde auch niemanden wundern.

    Es muss schon etwas “systematisches” sein, ein abstrakter Mechanismus, eine Windmühle gegen welche die Feministinnin-Garde Sturm reiten kann. Diese unzulässige Verallgemeinerung schadet dem eigentlichen Anliegen.

  • "Sie habe extra bis nach dem 18. September gewartet, um eben nicht zu einem mieseren Wahlergebnis beizutragen."

     

    Klar, nicht etwa, um ihren Listenplatz zu gefährden. Dies auch noch als Quereinsteigerin, mit weniger als 1 Jahr Parteizugehörigkeit.

    "Nachtigall, ick hör dir trapsen......."

    • @Waingro:

      Wie hätte Sie das tun sollen?

       

      Für das Einreichen der Listenvorschläge gibt es Fristen, danach können die Parteien die Listen nicht mehr ändern.

       

      Ihr Vorwurf ist also Unsinn.

  • nochmals körpersprachliches, wie bei hofi, cemmie und co: wird er es durch die t ü r schaffen, fragt sich der zarte türwächter, der unten beim henkelchen durch den schritt schlüpfen könnt. wattn brech von mann!

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Frank Henkel ist etwa mein Jahrgang, sieht aber aus wie sein eigener Vater. Das verleiht seinem Sexismus eine zusätzliche Widerlichkeitsnote.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      Kein großer süsser Mauserich eben ...