Bund wirbt Berliner Polizisten ab: Raubzüge bei der Polizei
Die Bundespolizei versucht massiv, Berliner Polizisten abzuwerben. Polizeipräsident Kandt lässt interessierte Mitarbeiter aber nur im Tausch gehen.
Weniger Überstunden, bessere Bezahlung und Ausstattung – was das betrifft, ist die Bundespolizei der deutlich bessere Arbeitgeber als die Berliner Polizei. Wenig überraschend, dass die Zahl der hiesigen Polizisten, die wechseln möchte, laut Gewerkschaft der Polizei (GdP) deutlich zunimmt. Das Problem ist auch der Führung bewusst: In einem offenen Brief hat sich Polizeipräsident Klaus Kandt nun an seine Mitarbeiter gewandt. Darin weist er auf die Rechtslage hin und stellt klar, dass Versetzungen nur im gegenseitigen Einvernehmen der Bundes- und Landesbehörden möglich seien. Und das das nur im Tausch gehe.
In den letzten Wochen hatten Zahlen die Runde gemacht, wonach sich derzeit 300 Polizistinnnen und Polizisten aus Berlin wegorientieren. Nicht nur die Innenbehörden des Bundes, auch die Länder werben massiv. Tausende neuer Stellen sind für die Integration von Flüchtlingen und für die Terrorbekämpfung geschaffen worden.
In seinem Rundbrief dementiert Kandt zwar, dass sich 300 Mitarbeiter nach einem neuen Job umsähen: „Die Darstellung entbehrt jeder Grundlage.“ Richtig sei indes, dass zwei Berliner Polizisten vom Bund ohne seine Zustimmung durch eine sogenannte Raubernennung eingestellt worden seien. Raubernennung bedeutet, dass der neue Dienstherr eine Einstellung vornimmt, ohne vom abgebenden Dienstherrn grünes Licht bekommen zu haben.
Er gehe davon aus, schreibt Kandt weiter, dass sich die Bundesbehörden in Zukunft wieder an die Rechtslage halten und auf weitere Raubernennungen verzichteten. Die Innenverwaltung hatte wegen des Vorgangs bei Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) interveniert. Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte von „einer Kannibalisierung“ gesprochen.
Nach Angaben von Polizeisprecher Winfrid Wenzel liegen der Polizeibehörde derzeit 30 offizielle Versetzungswünsche von Berliner Beamten vor. Diesen könne aber nicht entsprochen werden. Die derzeitige Personallage lasse eine Versetzung zu einem anderen Dienstherrn nicht zu, so Kandt in seinem Rundbrief. „Die Abkehr vom Tauschprinzip ist für mich inakzeptabel.“
Die Boulevardzeitung B. Z. zitiert einen Personalrat der Polizei: Kandt behandele seine Beamten „wie Sklaven“. Polizeisprecher Wenzel wies das am Freitag gegenüber der taz zurück. Kandt sei es mit dem Rundbrief lediglich darum gegangen, auf die zwischen Bund und Ländern getroffene Vereinbarung aufmerksam zu machen.
Es sei schön, dass der Polizeipräsident gegen Raubernennungen interveniere, um die Berliner Polizei handlungsfähig zu halten, so GdP-Sprecher Benjamin Jendro am Freitag zu taz. „Statt die Kollegen in epischer Breite zu besänftigen, hätte er in den vergangenen Jahren lieber deutlich dafür eintreten sollen, dass sein Personal spürbar aufgestockt und angemessen bezahlt wird.“ Beim Bund verdienen Polizisten laut Jendro in gleicher Gehaltsstufe pro Monat 300 Euro mehr.
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