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Urteil zur Unzeit

DFB-JUSTIZ Nach dem Pokalausschluss von Dynamo Dresden beklagt der Klub, das erschwere die Fanarbeit

Das Urteil blieb nicht lange unkommentiert. Kurz nachdem das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes Dynamo Dresden wegen der Ausschreitungen beim Pokalspiel in Hannover für die kommende Saison aus dem Wettbewerb ausschloss, meldete sich Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann zu Wort: „Die Entscheidung zeigt, dass der DFB nicht vor konsequenten und drastischen Maßnahmen zurückschreckt.“ Vor der heute mit Spannung erwarteten Vollversammlung der Deutschen Fußball-Liga, auf der ein verschärftes Sicherheitskonzept beschlossen werden soll, liegt es natürlich nahe, ein solches Urteil auch politisch zu instrumentalisieren. Dresdens Anwalt Jörg Heyer hatte in der Verhandlung vergebens darauf hingewiesen, dass der Ansatz der Kollektivbestrafung sich bisher nicht bewährt hätte.

Dasselbe Urteil nämlich hatte das DFB-Sportgericht bereits in der vergangenen Saison ausgesprochen, als Dynamo-Dresden-Fans bei der Pokalpartie in Dortmund unangenehm auffielen. In der Berufungsverhandlung vor dem DFB-Bundesgericht wurde das Urteil revidiert. Der Verein aus Sachsen musste eine Geldstrafe von 100.000 Euro entrichten und ein Zweitliga-Heimspiel ohne Zuschauer austragen.

Möglicherweise wird Dynamo Dresden auch dieses Mal in Berufung gehen. Dynamo-Präsident Andreas Ritter erklärte, dass man darüber noch beraten würde. Der Klub hat eine Woche Zeit für einen Einspruch.

Auf der Homepage von Dynamo Dresden beklagte Christian Müller, der Geschäftsführer des Vereins: „Das Sportgericht hat uns bescheinigt, dass Dynamo Dresden nichts falsch gemacht hat. Es bestraft uns trotzdem. (…) Das ist ein Teufelskreis, der die Existenz unseres Vereins bedroht.“ Die Fanarbeit würde dadurch auch erschwert. Man verschärfe damit die Probleme, anstatt sie zu lösen.

Nach dem Pokalspiel Ende Oktober war von Fanseite auch der Polizei und dem Ordnerdienst vorgehalten worden, mitverantwortlich für die entstandenen Aggressionen gewesen zu sein. Es sei vor dem Gästeeingang durch zahlreich geschlossene Kassenhäuschen ein Trichter geschaffen worden, in den immer mehr Menschen nachgerückt seien. JOHANNES KOPP (mit dpa)

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