Naturkatastrophe in Mittelitalien: Viele Tote bei schwerem Erdbeben
In der Nacht bebte die Region zwischen Umbrien und den Marken. Auch in Rom waren Ausläufer zu spüren. Die Zahl der Opfer steigt weiter.
Besonders stark sind die Verwüstungen etwa in der 2.600-Einwohner-Gemeinde Amatrice in der Region Latium. Viele Häuser in der Bergregion glichen Schutthaufen, Trümmer und Staub bedeckten Autos und Straßen.
Das Deutsche Geoforschungszentrum in Potsdam gab die Stärke des Hauptbebens mit 6,2 an. Es riss die Menschen in der Nacht auf Mittwoch aus dem Schlaf. Es kam zu mehreren Nachbeben. Auch im etwa 100 Kilometer Luftlinie entfernten Rom wackelte der Boden. Experten wollten dort das Kolosseum – Italiens meistbesuchtes Monument – auf Schäden untersuchen.
Die Zahl der Toten stieg bis Mittwochabend auf mindestens 120, wie Ministerpräsident Matteo Renzi mitteilte. Laut einer vorläufigen Bilanz des Zivilschutzes seien allein 53 Menschen in den Orten Amatrice und Accumoli umgekommen, 20 in der Gemeinde Arquata in den Marken. Unter den Toten und Verletzten sind viele Kinder.
Tausende sind obdachlos
Helfer suchten teils mit bloßen Händen nach Verschütteten in den völlig zerstörten Häusern. „Viele sind noch unter den Trümmern“, sagte der Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi, laut Nachrichtenaentur Ansa. „Wir bereiten einen Ort für die Leichen vor.“ Ganze Familien wurden ausgelöscht. Einige Kinder konnten aus den Trümmern gezogen werden, erlagen dann aber später ihren Verletzungen.
Für obdachlos gewordene Menschen sollten laut RaiNews24 möglicherweise Zelte in Amatrice und Accumoli aufgebaut werden. Nach ersten Schätzungen sind wahrscheinlich mehrere Tausend Menschen ohne Unterkunft. In der Region hielten sich auch zahlreiche Urlauber auf.
Der Bürgermeister von Accumoli, Stefano Petrucci, sprach von 2.500 Menschen ohne Dach über dem Kopf allein in seinem Ort. Unter ihnen seien auch etwa 2.000 Menschen, die in dem Ort in den Abruzzen Urlaub machten. Es sei kein einziges Haus mehr bewohnbar. „Wir müssen eine Zeltstadt für die gesamte Bevölkerung organisieren“, sagte Petrucci.
Technisches Hilfswerk bietet Hilfe an
Italien wird auf Grund seiner geografischen Lage immer wieder von Erdbeben erschüttert, oft auch von schwerwiegenden. 2009 war bei einem Beben die mittelitalienische Stadt L'Aquila verwüstet worden. Damals starben mehr als 300 Menschen. L'Aquila liegt nur etwa 30 Kilometer Luftlinie vom jetzigen Katstrophengebiet entfernt. Die Häuser in der Region sind teils jahrhundertealt; bei einem solchen Beben fallen sie rasch in sich zusammen.
Um 3.30 Uhr in der Nacht fing die Erde diesmal an zu beben. „Die Hälfte des Ortes gibt es nicht mehr. Die Menschen sind unter den Trümmern“, sagte der Bürgermeister von Amatrice dem Nachrichtensender RaiNews24. Straßen waren blockiert, der Strom war ausgefallen. Der Bürgermeister forderte Hilfe per Hubschrauber. Ein Einwohner sagte dem Sender: „Alles ist kaputt.“
Die deutsche Bundesregierung bot Italien die Hilfe von Experten des Technischen Hilfswerks (THW) an. Nun müsse die italienische Regierung entscheiden, ob sie das Angebot annehme, teilte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) mit. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) drückte in einem Kondolenztelegramm ihr Mitgefühl aus.
Auch Papst Franziskus zeigte sich tief betroffen. Er finde kaum Worte, seinen großen Schmerz auszudrücken, sagte er zu Beginn der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom. „Den Bürgermeister von Amatrice sagen zu hören, dass der ganze Ort nicht mehr existiert, und zu wissen, dass unter den Opfern Kinder sind, hat mich sehr berührt.“
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