Kommentar G20-Gipfel in Hangzhou: Viel Theater, wenig Fortschritt
Auf dem G20-Gipfel werden nur vorgefertigte Beschlüsse präsentiert. Erfreuliches zu den Krisen in Syrien oder der Ukraine wird es nicht geben.
D er mit großem Aufwand inszenierte G-20-Gipfel im chinesichen Hangzhou ist noch weniger als seine Vorgänger ein Ort für substanzielle Verhandlungen. Er dient den Beteiligten als Bühne, um bereits vorab gefasste Beschlüsse der Öffentlichkeit in möglichst gutem Licht zu präsentieren.
Die gemeinsame Präsentation der Ratifikationsurkunden für das Pariser Klimaabkommen durch den Gastgeber Xi Jinping und seinen US-Amtskollegen Obama sollte allerdings nicht vergessen lassen: Die beiden führenden Wirtschaftsmächte der Welt sind in erster Linie dafür verantwortlich, dass das Abkommen keine nationalen Verpflichtungen zur Reduktion der klimaschädlichen CO2- Emissionen enthält.
Die „Anzeichen für Entspannung“ im Verhältnis zur Türkei, die Bundeskanzlerin Merkel nach ihrem Gespräch mit Präsident Erdoğan vermeldete, sind Ergebnis des peinlichen Kotaus gegenüber Ankara, mit dem die Bundesregierung letzten Freitag die Bundestagsresolution zum türkischen Völkermord an den Armeniern für irrelevant erklärte. Erdoğan wird sich durch diesen erneuten Erfolg in seiner Erpressungspolitik gegenüber Deutschland und der EU nur bestärkt fühlen.
Ein Fortschritt ist, dass die westlichen Staats- und Regierungschefs Russlands Präsident Putin nicht mehr isolieren, sondern mit ihm reden – unter anderem über den Ukrainekonflikt und Moskaus unzureichende Umsetzung des Minsk-2-Abkommens vom Frühjahr 2015.
Echte Chancen für die Deeskalation dieses Konflikts wird es aber nur geben, wenn auch die ukrainische Regierung miteinbezogen und von EU und USA stärker unter Druck gesetzt wird, ihre Verpflichtungen zu erfüllen.
Der Gipfel wäre seinen ganzen Aufwand wert, käme es in Hanghzou tatsächlich zu einer Vereinbarung zwischen Putin und Obama über eine Waffenruhe für Syrien, die dann endlich die humanitäre Versorgung Hunderttausender Notleidender ermöglichte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!