piwik no script img

Köstliche Käfer„Eine leicht nussige Note“

Die preisgekrönte Osnabrücker Bugfoundation macht Burger aus Buffalowürmern. Vermarkten darf sie dies aber nur in Belgien und in den Niederlanden

Da ist Salat drin, Tomate – und viel Käfer: Bux Burger im Fotostudio Foto: Ingo Wagner (dpa)
Interview von Benno Schirrmeister

taz: Herr Krämer, lässt sich der Geschmack Ihrer Burger beschreiben?

Max Krämer: Interessant finde ich, dass jeder, der ihn isst, findet: Das erinnert mich an etwas. Ich kann aber nicht sagen, an was.

Also sind Buffalowürmer kein völlig fremdes Aroma?

Nein, eben nicht. Man schmeckt sie auf jeden Fall durch, nur die meisten können den Geschmack nicht zuordnen. Wenn ich es beschreiben soll, würde ich sagen, die Insekten haben eine leicht nussige Note. Der Geschmack ist vergleichbar dem Geruch, der entsteht, wenn man Nüsse in der Pfanne röstet.

Im Interview: Max Krämer

30, hat Geowissenschaften in Bremen studiert und 2013 mit einer Masterarbeit über „Insekten – Nahrungsmittel der Zukunft“ abgeschlossen, bevor er gemeinsam mit Baris Özel in Osnabrück die Bugfoundation gründete.

Warum beliefern Sie von Ihrem Firmensitz Osnabrück aus nur belgische und niederländische Restaurants?

Weil wir die Burger in Deutschland nicht verkaufen dürfen.

Wieso?

Käfer auf der Karte

Auch wenn die Bugfoundation ihren Sitz in Osnabrück hat, probieren kann man den Bux Burger nur in Belgien oder den Niederlanden. Dort haben ihn auf die Karte gesetzt:

B34 Steak & Burger House, Rue Saint-Boniface 34, Brüssel

Natuurlijk Smullen – biologische Snackbar, Jan van Galen­straat 78, Amsterdam

Brooklyn Burger & Steaks, Strandweg 43, Scheveningen

Feel-Food, Nicolaas Beetsstraat 47, Amsterdam

Bijzonder, Luikerweg 33, Maastricht

Restaurant Ruig, Veemarktplein 43, Utrecht

Hamburgeria, Brustraat 57, Maastricht

Cannibale Royale, Restaurants in der Handboogstraat, Ruysdaelkade, Lange Niezel, Amsterdam

Anfangs hatten wir das vor, aber dann haben wir die Rechtslage recherchiert. Das war schwierig, weil die niemand genau kannte. Selbst das Bundesamt für Risikobewertung wusste keine Antwort. Am Ende hat sich herauskristallisiert, dass wir unsere Bux Burger in Deutschland derzeit nicht verkaufen dürfen.

Es gibt doch beispielsweise in Hamburg Restaurants, die Insekten auf der Karte haben?

Es wird toleriert, Insekten zum Verzehr zu verkaufen, solange sie als Insekten zu erkennen sind. Sobald sie, wie bei uns, zerkleinert werden, ist das in Deutschland illegal.

Warum haben Sie dann nicht auf sichtbare Genuss-Insekten umgeswitcht?

Die Entscheidung, Burger zu machen, reagiert ja genau auf die Vorbehalte gegen Insekten: Die Hürde, Insekten zu essen, ist hoch. Und mit dem optischen Reiz liegt sie noch viel höher: Das ist durch Studien belegt. Wir müssen also alles dafür tun, den Ekel zu überwinden. Und dafür ist der Burger der richtige Weg.

Ist es denn wenigstens möglich, ihn per Versand in Deutschland zu vertreiben?

Nein, auch das nicht. Wenn es um Muster geht, die man anderen Unternehmen zur Verfügung stellt, könnte es zusammen mit dem Hinweis „Nicht für den Verzehr geeignet“ funktionieren. Aber wir sind da sehr vorsichtig. Es ist uns wichtig alle Regeln einzuhalten.

Sonst kommt das Ordnungsamt und macht den Laden dicht …?

Das könnte zumindest passieren. Ein paar Unternehmen haben das in Deutschland auf diese Weise probiert, die sind per Amt geschlossen worden. Dieses Risiko wollten wir nicht eingehen und haben uns auf Belgien und Holland konzentriert. Immerhin ist es geplant, die Gesetzeslage einheitlich in der ganzen EU bis 2018 anzupassen

Und dann entern Sie den hiesigen Markt?

Darauf freuen wir uns. Das ist dann auch ein Heimspiel für uns.

Aus Verbraucher- und Genießerperspektive bleibt dieses Hickhack bis dahin ärgerlich: erstens, weil Käfer lecker schmecken, zweitens: Sie sind total gesund.

Genau. Es hat einfach nur Vorteile. Auch unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit.

Versuchen Sie mit dem Burger auch Menschen anzusprechen, die sich sonst vegetarisch oder vegan ernähren?

Bei Veganern sehe ich wenig Chancen. Das sind meistens Leute, die sehr entschieden sagen, ich will überhaupt nicht, dass für mein Essen Tiere getötet werden. Bei den Vegetariern liegt das anders. Denn eine ganze Reihe von Argumenten, die dafür sprechen, auf Fleisch zu verzichten, treffen auf Insekten nicht zu. Zum Beispiel die Haltungsbedingungen: Für unsere Buffalowürmer ist es kein Problem, in Massen auf einem Fleck zu leben, und auch Sonnenlicht meiden die in der Natur eher. Auch das Tötungsverfahren ist extrem schonend: Insekten sind wechselwarme Tiere. Es wird also die Temperatur so weit gesenkt, bis die Lebensfunktionen ausgeschaltet werden.

Also eine Winterstarre?

Genau, nur eben mit dem Unterschied, dass sie bei uns danach eben nicht im Frühjahr wieder aufwachen. Und wer auf Fleisch verzichtet, weil er den Ressourcenverbrauch unverantwortlich findet: Das gilt eben bei uns auch nicht. Ökologische Vegetarier können ohne schlechtes Gewissen Insekten essen.

Ihr erster Kunde war ein Restaurant in Brüssel, einer echten Feinschmecker-Stadt. Ist der Bux-Burger da gut angekommen?

Wir haben sehr positive Erfahrungen gemacht: Es gibt mittlerweile schon Stammkunden, die nur dafür ins B34 gehen.

Das ist ein edles, aber sonst normales Steak- und Burger-Haus?

Genau das war uns wichtig: Wir wollen ein Produkt, das eine gleichwertige Alternative zu normalen Burgern darstellt. Und es ist ein Premium-Produkt, weil die Insekten natürlich noch etwas teuer sind, weil die Industrie ja gerade erst entsteht in Europa.

Züchten Sie selbst?

Nein, unsere Züchter sitzen in Belgien und in den Niederlanden. Anfangs hatten wir natürlich überlegt, das selbst in die Hand zu nehmen. Aber wenn man in Deutschland Insekten züchten würde, dürfte man sie nicht als Lebensmittel deklarieren.

In den Niederlanden haben Sie sich den größten Absatzmarkt: Ab sofort bieten dort sieben Restaurants Ihren Bux-Burger. Wie kommt’ s?

Wir haben den Markt dort als sehr offen erlebt. Ich glaube, das ist so eine Grundeinstellung der Niederländer: Die hören sich da jede Idee in Ruhe an und verurteilen nicht alles gleich. Das dürfte hier später interessant werden. Die Deutschen gelten in puncto Lebensmittel als konservativ.

Zu lernen, Insekten zu essen, hieße dann auch, sich kulturell zu öffnen: Hat ein solcher Überbau bei der Gründung der Bugfoundation eine Rolle gespielt?

Ein anderer. Für mich ist Folgendes wichtig: Früher wurden relativ viele Insekten gegessen. Aber dieser Konsum hat stark nachgelassen – weil sich die McDonald’s-Kultur der westlichen Welt überall verbreitet hat. Insekten gelten dadurch als Arme-Leute-Essen. Das ist ein Problem.

Warum?

In den Ländern, in denen Hungersnöte auftreten, sind Insekten von großer Bedeutung. Sie enthalten viele lebenswichtige Vitamine, sie sind hochwertige Eisenquellen. Und Eisenmangel ist eine wichtige Ursache von Säuglingssterblichkeit in Entwicklungsländern. Unsere Hoffnung ist: Wenn Insekten in der westlichen Welt zu einem anerkannten Lebensmittel werden, nimmt die Bereitschaft, Insekten zu essen, weltweit wieder zu. Das wäre ein Beitrag gegen die globale Mangelernährung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!