heute in hamburg: „Reiser ist brandaktuell“
Gedenken Im Knust steht 20 Jahre nach seinem Tod Rio Reiser für eine Nacht ganz im Mittelpunkt
51, Schauspieler, Synchronsprecher und Sänger der Band „Komitee für Unterhaltungskunst“, die Rio-Reiser-Songs vertont.
taz: Herr Rudolf, was hat uns Rio Reiser 20 Jahre nach seinem Tod noch zu sagen?
Christian Rudolf: Seine Texte sind so brandaktuell, wie zu dem Zeitpunkt, als er sie schrieb. Die Themen, die uns belasten und uns erfreuen, haben sich seit Rios Tod nicht verändert.
Warum bringt das Komitee für Unterhaltungskunst gerade Reiser auf die Bühne?
Ich habe als Teenager viel Lindenberg gehört und bin dann zu „Ton, Steine, Scherben“ und Rio gekommen. Es ist eine private Melancholie, die mich zu seinen Songs treibt, weil ich dort ein Verständnis für das entdecke, was mich umtreibt. Das finde ich bei anderen Künstlern nicht in dieser Intensität.
Sie sind Schauspieler. Wie performt man Rio Reiser?
Was für ein Unwort in diesem Zusammenhang. Ich werde ihn nicht performen und auch nicht kopieren, mir etwa den Bart abrasieren, barfuß auftreten oder versuchen, so zu gucken, wie er geguckt hat. Ich will einfach nur seine Texte singen, weil keiner je bessere geschrieben hat.
Mögen Sie lieber den poetischen oder den politischen Rio?
Wir haben bewusst ganz viele Scherben-Songs und die damit verbundenen Parolen nicht im Programm, etwa: Mach kaputt, was euch kaputt macht! Das war vielleicht mal meine Haltung, ist es aber heute nicht mehr. Ansonsten ist mir der politische Rio genauso wichtig wie der menschelnde – ich möchte da mit unserem Auftritt eine Symbiose schaffen.
Haben Sie Reiser je persönlich kennengelernt?
Ich habe nie mit ihm gesprochen oder ihm die Hand geschüttelt, war aber 1988 auf seinem Konzert in der Seelenbinderhalle in Ostberlin, von dem wir im Knust auch einen Film zeigen werden. Ich habe da zum ersten Mal in meinem Leben absolute Gänsehaut von deutscher Rockmusik bekommen, als er sang „Gibt es ein Land auf der Erde, wo dieser Traum Wirklichkeit ist? Ich weiß nur eins und da bin ich mir sicher: Dieses Land ist es nicht.“ Die ganze Halle hat mitgegrölt.
Verraten Sie uns noch ein wenig darüber, was heute Abend im Knust noch passieren wird?
Es werden Wegbegleiter wie der Theaterchef Corny Littmann, sein Bruder Gerd Möbius und Überraschungsgäste vor Ort sein. Es wird sowieso einige Überraschungen geben, worüber ich natürlich nichts verraten kann. Nur eins: Es wird ein bislang unveröffentlichten Reiser-Song geben. Das wird ein runder Abend werden. Interview: MAc
Rio-Reiser-Nacht zum 20. Todestag: 21 Uhr, Knust
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen