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OFF-KINO

Off-Kino

Lars Penning

Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet

Architektur und ihre Folgen: Wo wir leben, wo wir einkaufen, wo wir Zutritt haben und wo nicht – das alles bestimmt unser Leben in einem nicht unwesentlichen Maße. So verbinden sich mit den Ideen der Architekten oft soziale Utopien: Architektur sollte nicht nur Lebensbedingungen verbessern, sondern Bewohner auch zu besseren Menschen machen – so dachten viele moderne Architekten des 20. Jahrhunderts. Diesen Utopien setzte der britische Schriftsteller J. G. Ballard in seinem 1975 erschienenen Roman „High-Rise“ eine Dystopie entgegen: In seinem Hochhaus haust nämlich die britische Klassengesellschaft, vertikal angeordnet entsprechend der Schichtzugehörigkeit. Doch bald schon zeigen der Beton des Hauses und die dünne Fassade der Zivilisation erste Risse: Stammeshorden ziehen durch das Hochhaus, und das Leben der Menschen reduziert sich nach und nach auf Urinstinkte. Der britische Regisseur Ben Wheatley hat „High-Rise“ als eine ebenso genüssliche wie verstörende Satire inszeniert: ein fieses, sarkastisches Stück Kino über gescheiterte Ideen und die rücksichtslose Durchsetzung von Individualismus auf Kosten anderer(18. 8.–24. 8., 22.30 Uhr, Eiszeitkino, 18. 8.–19. 8., 21. 8.–24. 8., 21.45 Uhr, Zukunft, 18. 8., 22. 8., 23. 8., 22.15 Uhr, B-Ware! Ladenkino).

Noch sind Ferien, und wer mit seinen Kids einen Film jenseits gängiger Familienunterhaltung sehen möchte, wird beim tschechischen Kinderdrama „Ab ans Meer“(2014) von Jiří Mádl fündig: Hier versuchen sich der 11-jährige Thomas und sein bester Freund Haris als Filmemacher und drehen eine Doku über sich selbst und ihre Familien. Dabei kommen nicht immer nur schöne Dinge ans Licht. Die Form simuliert dabei die filmischen Gehversuche von Thomas und Haris: Sie filmen sich gegenseitig und sprechen ihre Gedanken in die Kamera. So ist man nah dran an den Protagonisten, in einer Story, die Kindern die emotionale Kompetenz zutraut, auch mit schwierigen Themen umgehen zu können (18. 8.–24. 8., 14.15 Uhr, Tilsiter Lichtspiele, 18. 8.–21. 8., 17 Uhr, Acud-Kino).

Um Kinderspiele geht es auch in René Cléments Drama „Jeux interdits“ („Verbotene Spiele“, 1952), in dessen Mittelpunkt ein fünfjähriges Mädchen steht, dessen Eltern im Krieg umgekommen sind. Von einer Bauernfamilie aufgenommen, spielt sie nun in unschuldiger Grausamkeit Krieg und Tod nach, indem sie tote Tiere aufwändig beerdigt. Zur Entstehungszeit – auch aufgrund seiner Kritik an der Kirche – nicht unumstritten, ist der Film heute ein Klassiker (OmU, 19. 8., 19 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

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