Kolumne Liebeserklärung: Ein Lob auf Markus Söder
Der Franke ist für Liberale der leibhaftige Gottseibeiuns. Deshalb merkt niemand, wenn er mal etwas richtig Gutes macht.
E s ist nicht so, dass Markus Söder viel dafür unternimmt, von seinen Zeitgenossen geliebt zu werden. Dem bayerischen Finanz- und Heimatschutzminister geht der Ruf eines Mannes voraus, der vor allen Dingen eines liebt: sich selbst.
Den Franken drängt es zeitlebens nach einem: der eigenen Macht. Sein (vorläufig) nächstes Ziel ist es, den Stuhl des bayerischen Ministerpräsidenten zu erklimmen. Und so benötigt Söder Schlagzeilen. „Söder verlangt einen nationalen Abschiebeplan“ ist schon mal sehr gut, „Volksvermögen nicht für Flüchtlinge einsetzen“ noch besser.
Der Mann verkleidet sich zu Fasching als Edmund Stoiber, ist Befürworter des Nationalhymnesingens in Schulklassen und Gegner von Kopftüchern (außer bei Nonnen). Er besteht auf dem Verbot der Gotteslästerung, liebt Grenzzäune, mag den Austritt Griechenlands aus der Eurozone und södert gegen Angela Merkel. Das reicht allemal, um den Mann bei Linken und Liberalen zum leibhaftigen Gottseibeiuns zu machen.
Söder ist aber auch eine tragische Figur. Seine Rundumschläge gegen alles, was im Verdacht steht, nicht von reaktionärer Deutung zu sein, führen dazu, dass niemand anerkennt, wenn der Mann einmal etwas richtig Gutes macht. Nun hat er in dieser Woche angekündigt, den VW-Konzern zu verklagen, weil durch die Abgasaffäre deren Aktienkurse abgestürzt sind, was wiederum der Bayerischen Pensionskasse für Beamte gar nicht gutgetan hat. Es geht zwar nur um maximal 700.000 Euro, aber auch ums Prinzip.
Da kann man nur applaudieren. Andere Landesfürsten, allen voran der Niedersachse Stephan Weil, ziehen vor der Macht des Autobauers den Schwanz ein. Schließlich geht es um ganz viele Arbeitsplätze. Bayern dagegen, das mit Audi in Ingolstadt auch einiges zu verlieren hätte, ist konsequent genug, den Ärger über den Schaden nicht einfach wegen des großen industriepolitischen Ganzen herunterzuschlucken.
Und Söder? Er bleibt der leibhaftige Gottseibeiuns, den niemand loben mag – was hiermit korrigiert sei.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen