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Bull-Analyse Endlich sind taz-Abos wieder gefragt, ist die Zeitungskrise für uns vorbei? Nein, keinesfallsPhönix aus der Asche?

Über 30 Jahre taz-Geschichte lagern im taz-Archiv, kommen weitere 30 Jahre hinzu? Vielleicht Foto: Wolfgang Borrs

von Andreas Bull

Wie stehen wir da? Auch Redaktion und Verlag der taz sind regelmäßig alarmiert, wenn wieder einmal Horrormeldungen über Auflagenverluste, Verlagsschließungen oder Konzentration mehrerer Marken unter einem Dach in der Branche die Runde machen.

Bisher hat sich die taz ja erstaunlich wacker geschlagen, seit sieben Jahren (mit Ausnahme von 2012) ohne Verluste, das gab es vorher nie, aber wann werden die Disruptionen des digitalen Transformationsprozesses auch die taz treffen? Die aktuelle Konjunktur politischer Themen und schrecklicher Ereignisse scheinen bei dem Publikum, das einer Lektüre der taz gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen ist, zur Bereitschaft zu führen, auch die täglich gedruckte taz wieder im Abonnement zu testen.

Im ersten Halbjahr 2016 konnten insgesamt 15.392 neue Abschlüsse für den Bezug journalistischer Produkte oder regelmäßig wiederkehrende Förderbeiträge für die digitale Publikation im Internet von taz-Lesenden verbucht werden. Überrascht hat uns der große Anteil der täglich gedruckten taz, der mit 6.248 Abonnements 41 Prozent des gesamten neuen Volumens beträgt. Ob sich da eine Trendwende im krisengeschüttelten Markt ankündigt?

Die jüngst veröffentlichten offiziellen Auflagenmeldungen der Interessengemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) lassen uns davon nichts spüren. Der Verlust zum Vorjahresquartal fällt für alle Tageszeitungen zusammen mit 7,7 Prozent sogar noch höher aus als die mittlerweile üblichen 5 Prozent (im Vergleich taz: –2,4 Prozent). Und in Wirklichkeit sieht die Lage für viele Zeitungsverlage noch erheblich schlimmer aus, bleiben ihnen doch kaum noch Möglichkeiten, ihre bitteren Zahlen zu kaschieren.

Die Nachfrage für Publika­tionen der taz steigt

Auch bei der taz sollten wir vorsichtig sein bei der Bewertung des Aufschwungs der Bestellungen. Doch Redaktion und Verlag haben viel dazu getan, dass die taz in diesen Zeiten wieder mehr in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Während der Verlag besondere Vertriebswege erschloss, brachte die Redaktion engagierte Sonderausgaben heraus, zuletzt etwa zum Jahrestag des Anschlags auf Charly Hebdo, zu 30 Jahre Tschernobyl, zu TTIP und demnächst zu den olympischen Sommerspielen in Brasilien. Die taz reagierte schon vor dem Putsch auf die für die Demokratie gefährliche Lage in der Türkei und brachte am 3. Mai gemeinsam mit bedrohten türkischen Journalisten die deutsch-türkische Sonderausgabe taz.die günlük gazete heraus. Das alles bleibt nicht unbemerkt, es stärkte die Nachfrage nach sämtlichen taz-Publikationen.

Die taz wird als Medium der Selbstbehauptung gegen die Strömung um die AfD, den Diskurs in der Gesellschaft rechtsnational und reaktionär zu wenden, als authentische und differenzierte Stimme geschätzt. Die Präsenz in der Öffentlichkeit, auch über die Publikationen in der Zeitung und im Internet hinaus, sind ein Nachweis des glaubwürdigen Engagements der Redaktion.

In Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wird im Herbst gewählt, die AfD droht gestärkt in diese Parlamente einzuziehen und das politische Koordinatensystem weiter nach rechts zu verschieben, im November könnte Trump von der anderen Seite des Atlantiks diesen bedrohlichen Prozess verstärken. Es wäre gut, in einer solchen Situation mit einer wachsenden taz über eine starke Stimme für die tägliche Intervention im politischen Diskurs zu verfügen.

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