Werbekampagne der SPD in Berlin: Wer ist dieser Müller?
Die SPD wirbt für die Wahl mit Plakaten ohne Hinweis auf die Partei und mit einem unscharf fotografierten Regierenden Bürgermeister. Das soll den Alltag wiedergeben.
Die Berliner SPD testet den Bekanntheitsgrad ihres Spitzenkandidaten: Die ersten Großplakate für die Abgeordnetenhauswahl, die die Partei ab Sonntag aufstellen wird, enthalten keinen Verweis auf die SPD. Und Michael Müller spielt darin nur die Nebenrolle: Er ist unscharf dargestellt und steht meist im Hintergrund.
„Es handelt sich um Alltagszenen, wie sie jeden Tag 1.000fach in Berlin passieren“, beschreibt der SPD-Landeschef und Regierende Bürgermeister bei der Vorstellung der Poster am Freitagmorgen die Idee. Die Botschaft: Die BerlinerInnen und das Lebensgefühl der Stadt stehen für die Sozialdemokraten im Mittelpunkt.
Gut möglich aber, dass die fotografisch durchaus progressiv gestalteten Plakate genau deswegen für Irritationen sorgen. Müller ist laut Umfragen zwar der prominenteste Berliner Landespolitiker mit einem Bekanntsheitsgrad von stetig über 90 Prozent. Doch wissen auch alle, wie der seit gut 20 Monaten amtierende Regierungschef aussieht? Und reichen die zwölf Buchstaben am Plakatrand – dort steht „Müller, Berlin“ – aus, um den politischen Bezug herzustellen?
Spätestens in zwei Wochen kommt für diejenigen, bei denen das nicht funktioniert, die Auflösung. Dann wird die zweite Reihe von Großplakaten aufgestellt, die mehr Bezug zur Partei herstellen sollen.
Einsatz gegen AfD
Mit den ersten Postern testet die SPD jedoch noch mehr: nämlich wie es um die von Müller so viel beschworene Toleranz der BerlinerInnen wirklich bestellt ist. Eines der drei Plakate zeigt im wesentlichen eine Frau mit Kopftuch von hinten auf der Rolltreppe, Müller rollt ihr entgegen und blickt sie an – oder lächelt er? „Gefühlt 15 Mal“ sei er die Rolltreppe hoch- und wieder runter gefahren für die Fotoaufnahmen, berichtet der Regierende.
Die Botschaft des Plakats ist Ausdruck von Müllers stetem Einsatz gegen die Hass- und Anti-Islam-Parolen der AfD. „Rechtspopulisten versuchen mit schäbigen Parolen Stimmung zu machen und die Bedrohungslage auszunutzen“, betont Müller auch wieder am Freitag. Der Terror sei nach Europa gekommen und damit auch nach Berlin; viele Menschen hier seien beunruhigt. Dennoch dürfe man jetzt niemanden ausgrenzen, so Müller. „Sonst würde unser Leben zur Hölle werden.“ Die große Teilnahme am CSD vergangenes Woche habe gezeigt, dass die BerlinerInnen sich einsetzen für Toleranz.
Damit die Botschaft des Plakats ganz sicher ankommt, steht unten rechts klein „#BerlinBleibtWeltoffen“. Dies sei kein wirklicher Hashtag, über den die SPD bei Twitter kommunizieren wolle, erklärt Wahlkampfleiter Dennis Buchner. Dennoch entwickelt sich darüber auf Twitter am Freitag eine lange Diskussion, bei der die Partei für dieses Plakat viel Lob bekam.
Insgesamt 800 Großplakate will die SPD aufstellen. Bis zur Wahl am 18. September folgen noch zwei weitere Motivserien. Zudem sind 80.000 kleinere Plakate bestellt, die überwiegend Themen und Köpfe von Kandidaten zeigen. Insgesamt gibt die Berliner SPD 1,7 Millionen Euro für den Wahlkampf aus. Auch die anderen großen Parteien werden ab Sonntag in der Stadt ihre Plakate aufhängen und -stellen.
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