portrait: Vom Genozid eingeholt
Als eine Rakete am Abend des 6. April 1994 über Kigali das Flugzeug traf, in dem Ruandas Präsident Juvénal Habyarimana gerade von einem Gipfel zurückkehrte, stand sein Kabinettschef Enoch Ruhigira empfangsbereit am Flughafen.
In der Tasche hatte er schon Anweisungen, das vereinbarte Übergangskabinett zu bilden, das die damals in Ruanda kämpfenden Tutsi-Rebellen in die Regierung einbinden sollten. Radikale Hutu bekämpften diesen Plan. Die Friedensregelung ging mit dem Präsidentenflugzeug in Flammen auf.
Der Kabinettschef bat den französischen Botschafter sowie den UN-Chef in Kigali um Hilfe. Doch weder Frankreich noch die UNO griff ein, als die Radikalen begannen, Gegner der Hutu-Regierung sowie alle Tutsi Ruandas abzuschlachten – ein Völkermord, der über 800.000 Tote fordern sollte.
Als Mitwisser der Planung dieses Völkermordes wird der damalige Kabinettschef seitdem von Ruanda gesucht. Dort herrschen seit Juli 1994 die einstigen Tutsi-Rebellen unter Präsident Paul Kagame. Ruhigira setzte sich damals nach Belgien ab und landete in Neuseeland, dessen Staatsbürgerschaft er annahm.
Der 1951 im Distrikt Kibuye geborene Ruhigira wurde 1991 „Präsidialminister“ Habyarimanas und dann Kabinettsdirektor. Er war einer der engsten Mitarbeiter des Präsidenten, aber auch einer der diskretesten. Das UN-Ruanda-Völkermord-Tribunal klagte ihn weder an, noch lud es ihn je als Zeugen. Erst 2011, nach langem Schweigen im Exil, meldete sich Ruhigira mit seinen Memoiren zu Wort.
Die Folge: Er kam in seiner Wahlheimat am anderen Ende der Welt in juristische Bedrängnis, zumal Ruanda auf seine Auslieferung drängte: Auf der aktuellen Liste der ruandischen Generalstaatsanwaltschaft mit gesuchten Völkermordverantwortlichen steht Ruhigira auf Platz 126.
Den Haftbefehl bestätigten Ruandas Behörden erst vor Kurzem. Am 20. Juli ging der Polizei am Frankfurter Flughafen ein 65-jähriger von Ruanda gesuchter Neuseeländer ins Netz: Es konnte nur Ruhigira sein. Das Auslieferungsverfahren läuft. Dominic Johnson
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