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OFF-KINO

Off-Kino

Lars Penning

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Wie die meisten ihrer Regiearbeiten geht auch Ida Lupinos „The Hitch-Hiker“ (1953) auf eine wahre Begebenheit zurück – oft fand sie ihre Stoffe in Zeitungsmeldungen. Die Geschichte eines psychopathischen Killers, der von zwei Anglern als Anhalter nach Mexiko mitgenommen wird, ist allerdings weniger ein klassischer Crime-Thriller als ein düsteres Psycho-Kammerspiel mit exzellenter Kameraarbeit und drei überzeugenden Hauptdarstellern. Dabei überzeugt vor allem die Idee, dass der Killer aufgrund einer Deformation seines Augenlids stets mit einem offenen Auge schläft und deshalb nicht überrumpelt werden kann (22. 7., 20 Uhr, Arsenal 1).

Die große Geste pflegen Regisseur Marcel Carné und Drehbuchautor Jacques Prévert in ihrem noch während der deutschen Okkupation gedrehten romantischem Melodram „Die Kinder des Olymp“ (1945). Der schüchterne Pantomime Debureau (Jean-Louis Barrault) verliebt sich auf dem Boulevard du Crime, der Pariser Theaterstraße des 19. Jahrhunderts, in die schöne Garance (Arletty) – doch die beiden finden nie wirklich zusammen: das Leben als Bühne, erzählt nicht ohne eine schöne Dosis ironischen Humors (23. 7., 17 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Ingrid Bergman beklagte sich einmal in einem Interview, sie sei sich in Roberto Rossellinis Drama „Viaggio in Italia“ (1953) wie eine Touristin vorgekommen. Eine Art Kulturfilm über die Ausgrabungen von Pompeij habe der ihr angetraute Regisseur schaffen wollen, argwöhnte sie des Weiteren, während sie und ihr Schauspielpartner George Sanders sich auf die Geschichte eines englischen Ehepaares konzentrierten, das im fremden Italien eine Krise durchlebt. Letztlich ist die Mischung faszinierend: Die verloren wirkenden, sich unbehaglich fühlenden Schauspieler sind tatsächlich perfekt in dieser Studie der Entfremdung, die Antonionis neurotische Charakterstudien um Jahre vorwegnimmt – und zugleich auch auf Rossellinis spätere Kulturfilme verweist (24. 7., 27. 7., 19.30 Uhr, Arsenal 2).

Ein Film über die Faszination der Schönheit: Der dänische Regisseur Nicolas Winding Refn inszeniert in „The Neon Demon“ den Trip der 16-jährigen Jesse (Elle Fanning) durch die Modewelt von Los Angeles als Albtraum, in dem jede Begegnung eine unterschwellig bedrohliche Komponente bekommt und überall etwas zu lauern scheint. Hier gieren alle nach Frischfleisch: eine große Inszenierung des Begehrens, unheimlich in ihrer zwingenden Unerbittlichkeit (21. 7. – 23. 7., 25. 7. – 27. 7., 21 Uhr, 24. 7., 23 Uhr, Central; 24. 7., 22 Uhr, Lichtblick).

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