Reform der Erbschaftsteuer: Kurzer Brief aus Karlsruhe
Die Politik kann sich nicht auf eine Reform der Erbschaftsteuer einigen. Nun macht das Verfassungsgericht Druck.
Bisher können Unternehmenserben große Werte auch dann steuerfrei erben, wenn dies nicht der Sicherung von Arbeitsplätzen dient. Dies hatten die Verfassungsrichter jedoch im Dezember 2014 beanstandet. Bis zum 30. Juni 2016 sollte die Politik eine Neuregelung beschließen.
Die Große Koalition im Bundestag beschloss zwar Ende Juni ein neues Erbschaftsteuergesetz. Doch der Bundesrat lehnte die Regelung Anfang Juli ab. SPD-, grün- und linksregierte Länder kritisierten zu große Zugeständnisse an die Unternehmenserben und riefen den Vermittlungsausschuss an.
Ferdinand Kirchhof, Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, kündigte jetzt in einem knappen Brief an, dass sich sein Senat Ende September erneut mit der Erbschaftsteuer befassen wird.
Nachträgliche Vollstreckungsanordnung angedroht
Konkret hätte das Gericht dabei wohl drei Möglichkeiten. So könnte es eine Übergangsregelung beschließen und dabei selbst die Privilegien für Firmenerben definieren. Oder es könnte bestimmen, dass die Privilegien nach einer weiteren Frist ersatzlos enden, wenn der Gesetzgeber bis dahin nichts beschließt.
Firmenerben würden dann behandelt wie andere Bürger auch. Die Richter könnten aber auch das Thema noch einmal vertagen, falls sich im September abzeichnet, dass sich Bundestag und Bundesrat doch noch auf eine Reform einigen.
Nur eine Option besteht nicht: Karlsruhe wird die Erbschaftsteuer nicht ersatzlos entfallen lassen, falls sich die Politik nicht einig wird. Darauf hatten sich die Verfassungsrichter schon in den Nachberatungen nach ihrem Urteil verständigt und damit entsprechenden Spekulationen der CDU/CSU den Wind aus den Segeln genommen.
Bisher hat das Verfassungsgericht erst einmal eine nachträgliche Vollstreckungsanordnung angedroht. Das war 2013, als es um die Gleichstellung von Homo-Partnerschaften bei der Grunderwerbsteuer ging. Damals reagierte der Gesetzgeber, bevor Karlsruhe sich erneut mit der Sache beschäftigte.
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