: Es bleibt zusammen, was zusammengehört
KOHLE Der DFB verlängert seinen Ausrüstervertrag mit Adidas – ein deutliches Zeichen für ein Weiter-so im großen Business. Kein Großsponsor hat so viel für die Korruption im Weltsport getan wie der mächtige Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach
von Andreas Rüttenauer
„Weltmeister“ hieß der Schuh, mit dem eine kleine Firma aus Herzogenaurach ganz groß wurde. Es war der Schuh, mit dem die deutschen Fußballnationalmannschaft 1954 zum „Wunder von Bern“ gelaufen ist. Adi Dassler, der fünf Jahre zuvor eine Firma namens „Adolf Dassler adidas Sportschuhfabrik“ ins Handelsregister hat eintragen lassen, begleitete das Team damals als Zeugwart. Seine Erfindung hat es zu Spielfilmruhm gebracht: aufschraubbare Wechselstollen. Es war der Auftakt zu einer jahrzehntelangen Partnerschaft, die nun bis zum Jahr 2022 fortgesetzt werden soll.
50 Millionen Euro soll Adidas angeblich von 2018 an pro Jahr an den DFB zahlen. Eine tolle Summe für einen gemeinnützigen Verein wie den DFB. Verbandspräsident Reinhard Grindel und Herbert Hainer, der Nochvorstandschef von Adidas, strahlten um die Wette, als am Montag in Paris die Verlängerung der Partnerschaft verkündet worden ist. Es wird also weiter Bilder von deutschen Fußballern geben, die in den drei Streifen posieren. Mit dem FC Bayern, an dem Adidas mit 10 Prozent beteiligt ist, und dem DFB hat der Sportartikelhersteller mit einem Jahresumsatz von 4,8 Milliarden Euro labelt der Konzern die Topmarken des deutschen Fußballs. Das ist gewiss ein gutes Geschäft für den Klub und den Verband. Aber auch ein sauberes?
Genau, da war doch was. Es ist noch gar nicht lange her, da diskutierte ganz Fußballschland nicht über die richtige Besetzung der Außenbahnen im deutschen Team, sondern über das möglicherweise gekaufte Sommermärchen von 2006.
Dabei spielt ein Darlehen des damaligen Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus eine entscheidende Rolle. Dass sich Adidas an der Aufklärung der Affäre bislang nicht weiter beteiligt hat, scheint den DFB bei der Vertragsverlängerung nicht weiter zu stören.
Das Geld, mit dem der langjährige Manager des FC Bayern München seine Zockeraktivitäten, die ihn als Steuerhinterzieher in den Knast gebracht hatten, begonnen hat, war auch eine Leihgabe von Robert Louis-Dreyfus. Zu einem Fall Adidas ist die Affäre Hoeneß nie geworden, obwohl seinerzeit gerade über die Beteiligung von Adidas an der FC Bayern München AG verhandelt worden ist.
Wie der DFB von ehemaligen Nationalspielern, von denen viele lebenslange Vertreterverträge mit Adidas haben, oder von FC-Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge unter Druck gesetzt worden ist, als 2006 der Sportartikelhersteller Nike ein Angebot beim DFB abgegeben hatte, schildert der ehemalige Verbandspräsident Theo Zwanziger in seinem Buch „Die Zwanziger Jahre“.
Als dieses Werk im November 2012 erschien, war in der Sportwelt längst bekannt, dass Adidas so etwas wie der Pate des internationalen Sports ist. Mit Adidas hat die Korruption Einzug gehalten in der Welt des Fußballs genauso wie in der Welt des olympischen Sports. Horst Dassler, der Sohn des Firmengründers, baute so etwas wie einen eigenen Geheimdienst auf. Er ließ Dossiers über Sportler und Funktionäre anlegen, um diese unter Druck setzen zu können.
Es war Dassler, der 1974 dem Brasilianer João Havelange zur Fifa-Präsidentschaft verhalf, und ohne die schmierige Mithilfe Dasslers wäre wohl auch der Spanier Juan Antonio Samaranch 1980 nicht Präsident des Internationalen Olympischen Komitees geworden.
Sepp Blatter war als Generalsekretär der Fifa stets ein treu ergebender Schützling Horst Dasslers. Als Fifa-Präsident pflegte er so etwas wie eine Liebesaffäre zu Adidas. Mit der Methode Dassler, zu der immer auch gut gefüllte Briefumschläge für die Funktionäre gehörten, war er 1998 Fifa-Boss geworden.
Auch die Sportrechte-Agentur ISL war eine Gründung von Horst Dassler. Über diese liefen millionenschwere Korruptionszahlungen an Mitglieder der Fifa-Exekutive. Und während sich nach dem großen Korruptionsdesaster des vergangenen Jahres andere Fifa-Großsponsoren wie Visa oder Coca-Cola auch auf Druck ihrer Aktionäre durchaus kritisch geäußert haben, ist das Verhältnis von Adidas zur Fifa weiterhin ungetrübt. So ungetrübt wie das Verhältnis des DFB zu dem Sportartikelhersteller. Wie meinte Herbert Hainer am Montag in Paris? „Wir gehören zusammen.“
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