Hamburger „Harley Days“: Harleys gefährden Ihre Gesundheit
Der Nabu misst den Lärm der Motorradparade und kommt auf erschreckende Werte. Die Polizei beanstandet 99 von 140 kontrollierten Maschinen.
Bei der großen Abschlussparade am Sonntagmittag maßen die Naturschützer an der Reeperbahn, den Landungsbrücken und der Willy-Brandt-Straße die Lautstärke der Maschinen. Das Ergebnis war erschreckend. „Es wurde ein durchgehender Lärmteppich von 90 bis 110 Dezibel gemessen“, teilte der Nabu mit. Der bei der Parade gemessene Lärm könne Ohrenschmerzen und Gehörschäden verursachen.
So laut wie ein Presslufthammer
Ein Presslufthammer in zehn Metern Entfernung ist 100 Dezibel laut. Durch einen Gehörschutz am Arbeitsplatz dürfen nicht mehr als 85 Dezibel dringen. Bereits ab 65 Dezibel reagiert der Körper mit Stress.
Harley Days: Beim 14. Mal haben sich 8.000 Freunde schwerer Maschinen in Hamburg versammelt.
400.000 Menschen kamen nach Angaben der Veranstalter, um sie zu begucken.
Höhepunkt war ein 30 Kilometer langer Motorradkorso durch die Stadt.
Motorradgottesdienst: Erst zwei Wochen zuvor hatten 18.500 Biker im und um den Michel den 33. Das Motto war „Segen tanken!“
„Nicht allen, aber dennoch viel zu vielen Motorrad-Fans, ist es wichtig, möglichst lautstark ihre Maschinen vorzuführen“, sagte der erste Nabu-Vorsitzende Alexander Porschke. „Wir anderen müssen den Lärm, den Gestank und die Gesundheitsgefahren ertragen.“ Das sei inakzeptabel.
Dabei müssen Großstadtbewohner ohnehin schon in besonderem Maße mit Lärm leben. Einer älteren Schätzung zufolge sind allein 115.000 Hamburger einem Dauerschallpegel von 65 Dezibel durch Straßenverkehr und damit gesundheitsgefährdendem Lärm ausgesetzt. Straßenverkehrslärm ist denn auch neben dem Schienen- und dem Flugverkehr ein Schwerpunkt des 2013 von der Bürgerschaft „zur Kenntnis genommenen“ Lärmaktionsplans der Hamburger Verwaltung.
Manipulierte Schalldämpfer
Porschke ärgert besonders, dass viele Bikes zusätzlich auf Lärm getrimmt werden, indem Schalldämpfer manipuliert oder ausgebaut werden. Dazu komme der Feinstaub vom Durchdrehen der Räder, aus dem sich manche einen Spaß machten.
Die Polizei reagierte auf die schon bei den Harley Days vergangener Jahre laut gewordene Kritik, indem sie 140 Motorräder kontrollierte. Bei 99 habe es Beanstandungen unter anderem an den Bremsen, Schalldämpfern und Rücklichtern gegeben. 26 durften nicht weiterfahren. Bei einer Geschwindigkeitskontrolle seien 31 von 310 erfassten Motorrädern zu schnell gewesen.
Das Motorradtreffen fand erstmals 2003 zum 100. Firmenjubiläum Harley Davidsons in Hamburg statt. Der damalige CDU-Senat sah darin eine Chance, im Wettbewerb der Metropolen bekannter zu machen. Hamburg Tourismus wirbt heute mit dem „weltweit einzigen Harley-Treffen, das mitten in der Stadt möglich ist“.
Genehmigt werden mussten die Harley Days in diesem Jahr vom rot-grün geführten Bezirksamt Mitte. Um die Lärmbelästigung zu begrenzen, habe der Bezirk die Hauptveranstaltung vom Heiligengeistfeld auf das Gelände am Großmarkt verlegt, sagte dessen Sprecher Norman Cordes.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“