EMtaz Sicherheit in Frankreich: Mission Maulwurf gegen Hools
Späher sollen verhindern, dass sich gewaltbereite Fans bei der EM austoben. Anhänger osteuropäischer Teams stehen unter Generalverdacht.
Besonders intensiv sind die Anstrengungen, Probleme mit gewalttätigen Hooligans zu vermeiden. In Frankreich hat man noch die Vorfälle während der Fußballweltmeisterschaft von 1998 in Erinnerung, die die Freude über den Triumph der „Bleus“ getrübt hatten.
In Marseille lieferten sich am Rande des Matchs England – Tunesien Anhänger aus beiden Ländern, unterstützt von lokalen Randalierern, wüste Straßenschlachten. In Lens, wo Deutschland gegen Jugoslawien spielte, wurde ein Beamter der Gendarmerie, David Nivel, von einer Bande deutscher Hooligans zusammengeschlagen. Er ist seither schwer behindert.
Auch bei der Euro 2016 gibt es Termine, die als besonders gefährlich gelten. Von den 51 Begegnungen werden die Spiele England – Russland und Ukraine – Polen in Marseille, Türkei –Kroatien in Paris, England – Wales in Lens sowie Deutschland – Polen in Saint-Denis genannt.
Schon vor Beginn der EM ist es in der südfranzösischen Hafenstadt Marseille zu ersten Auseinandersetzungen zwischen englischen Fans und der Polizei gekommen. Dabei gingen die Sicherheitskräfte am Donnerstagabend auch mit Tränengas gegen einige der rund 200 Beteiligten vor- Zu den Zusammenstößen auch mit Einheimischen kam es gegen Mitternacht vor zwei britischen und irischen Pubs direkt am Kai des alten Hafens von Marseille. Dabei sollen Schmähgesänge wie "Isis, where are you" angestimmt worden sein. Auf Videos ist zu sehen, dass bei der Auseinandersetzung auch mit Stühlen geworfen wurde. Zwei Menschen seien festgenommen worden. (dpa)
3.000 Reisepässe konfisziert
Schon im Vorfeld der EM haben die britischen Behörden rund 3.000 ihnen bekannten Hooligans vorsorglich die Reisepässe entzogen. Gefürchtet werden aber dieses Mal vor allem Krawallmacher aus dem Osten. Polizeikommissar Antoine Boutonnet, der in Frankreich die Brigade zur Hooligans-Bekämpfung leitet, warnt aber vor Vorurteilen: „Es sind nicht von vornherein die Fans aus bestimmten Ländern, die in der Vergangenheit Krawall gemacht haben, die daher mehr als andere unter Verdacht stehen.“
Um Zusammenstöße zu verhindern, setzen die Organisatoren auf die internationale Zusammenarbeit zur Prävention und insbesondere auf die Maulwurfarbeit der „Spotters“ (Späher). Ihre Aufgabe schildert Polizeikommandant Vincent Manini aus Saint-Etienne: „Unser Job besteht darin, Informationen zu sammeln und zu antizipieren.“
Dazu bewegen sich die Spotters unter den Fans, sie beobachten auch deren Netzwerke: „Unsere Arbeit beinhaltet die Vermittlung und auch die polizeiliche Aufklärung. Wir unterhalten beste Beziehungen zu den verschiedenen Fanklubs und Gruppierungen, um Informationen über ihre Aktivitäten zu sammeln. Wir bleiben dicht dran, und wenn nötig, intervenieren wir mit Festnahmen.“
Jede der 23 Delegationen schickt acht solche Spezialisten nach Frankreich, die ihre Hooligans kennen. Je sechs von ihnen mischen sich dazu schon bei der Anreise unter die Fans, um von Beginn an potenzielle Störer und Provokateure auszumachen. Sie bleiben dabei nicht inkognito, sie agieren offen, notfalls zeigen sie auch Straftäter an.
Prävention und Intervention
Koordiniert wird diese Prävention und Intervention von je zwei Vertretern pro Land in einer eigens dazu in Lognes im Osten von Paris eingerichteten internationalen Polizeistelle (CCPI). Nicht jeder betrunkene Fußballtourist ist ein Hooligan. Oder doch?
Die französische Zeitschrift SportMag versucht zu unterscheiden: „Die ‚Ultras‘ unter den Fans widmen ihr ganzes Leben ihrem Klub, sie sind aber nicht unbedingt gewalttätig. In Sachen Schlägereien ist ihre Haltung so: Wenn du mich suchst, findest du mich. Bei den Hooligans gilt genau das Gegenteil: Für sie ist der Fußball bestenfalls ein Vorwand.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!