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Studie fordert massiven AusbauBitte klotzen bei den Erneuerbaren

Die EEG-Reform ist Murks, kritisiert eine Studie von Greenpeace Energy. Für die Klimarettung ist viel mehr Wind- und Solarstrom nötig als geplant.

Nicht nur eins, sondern viele fordert Greenpeace Energy. Foto: dpa

Berlin taz | Am Ende der Woche beginnt der Bundestag seine Debatte über die Zukunft des EEG, wie sie vom Wirtschaftsministerium vorgelegt wurde. Jetzt kommt von den Gegnern Protest: Wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will, müsse es den Ausbau von Wind und Solarstrom massiv beschleunigen – und nicht etwa abbremsen, wie es im Entwurf des „EEG 2016“ geplant wird.

Zur Begrenzung des Klimawandels auf 1,5 Grad müssten in Deutschland „bis 2040 die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr vollständig dekarbonisiert sein“, heißt es in einem Gutachten der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, das Greenpeace Energy am Montag vorstellte. Mit den jetzigen Plänen lande man aber nur bei 30 Prozent.

Das aber bedeute, man müsse nun klotzen statt kleckern: Statt jährlich nur 2,8 Gigawatt (GW) neuer Leistung für Windkraft am Land, wie es das „EEG 2016“ vorsieht, müssten jährlich 6,3 GW gebaut werden; statt nur 2,5 GW Solaranlagen müssten 15 GW neue Anlagen entstehen. Bis 2030 sollte der Ausstieg aus Braunkohle und Steinkohle vollzogen sein, ab 2020 müssten neue Heizungen von elektrischen Wärmepumpen auf Ökostrom betreiben werden und nicht mehr durch Öl oder Gas.

Überschüssiger Strom solle in Gas umgewandelt und so gespeichert werden. Auch der Verkehr müsse bis 2040 vollständig auf Elektromotoren umgestellt sein, erklärte der Hauptautor der Studie, Volker Quaschnig, HTW-Professor für Solarspeichersysteme. „Ab 2025 dürften keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden.“

Gegenwind auch von SPD-Linken in Hessen

Ähnliche Ziele – keine neuen Benziner oder Diesel mehr ab 2030, schnellerer Ausbau statt Abbremsen – hat auch das Umweltministerium formuliert. Gegenwind für das „EEG 2016“ kommt auch vom linken SPD-Bezirk Hessen Süd. Die Genossen warnen ihren Parteichef und Wirtschaftsminister vor einem „Stopp der dezentralen Energiewende“.

Sie fordern, kleine Windparks von den Ausschreibungen auszunehmen und auf die geplante einmalige Kürzung der Windvergütung um 5 Prozent zu verzichten. Und auch die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung kam gerade rechtzeitig zu der Debatte mit einem neuen Buch heraus: „Das EEG: Besser als sein Ruf.“

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9 Kommentare

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  • Zur Begrenzung des Klimawandels auf 1,5 Grad Im Vergleich zur vorindustriellen Zeit müssten die Emissionen von CO2 sofort weltweit auf Null sinken. Das Ziel ist also eh’ vollkommen unrealistisch, und welches Land bis wann wieviel reduzieren soll, wurde in dem absurden Pariser Beschluss auch nicht festgelegt. Nach IPCC Bericht 2013 führen weitere 2000 Gt CO2 bis 2100 „wahrscheinlich“ zu einer weiteren Temperaturerhöhung von 1 - 1,5 Grad. Deutschland emittiert z.Z. weniger als 1 Gt CO2 pro Jahr. Das heißt, die vollständige Dekarbonisierung Deutschlands könnte den Temperaturanstieg pro Jahr um 0,0005 bis 0,0075 Grad aufhalten. Die Studie zeigt, zeigt, dass selbst dies bis 2050 nicht realistisch ist. Mit Annahme von massiven Effizienzgewinnen wäre bis 2040 eine Verdoppelung der Stromerzeugung erforderlich, ohne Effizienzmaßanhmen eine Verfünffachung. Die zusätzlichen initialen CO2 Emissionen durch die Effizienmaßnahmen und durch den massiven beschleunigten Ausbau von Wind und PV werden gar nicht berücksichtigt.

    Die Studie zeigt gut die Größenordnung des Problems, und dass daher die Ziele nur mit Wind und PV nicht erreichbar sind. Daher dürfen auch Maßnahmen wie CCS (CO2 Speicherung) nicht von vornherein ausgeschlossen werden. CCS wird auch vom IPCC als beste kurzfristig realistische Maßnahme mit nennenswerter Größenordnung empfohlen.

    Die Studie fokussiert leider nur auf Technologien, die von Öko-Lobbygruppen vertreten werden, wie Windkraft, PV, Wärmepumpen, Elektromobile und Power2Gas.

  • Eine Windenergieanlage kostet je MW installierte Leistung rund 800.000 € und erwirtschaftet damit an einem guten Standort rund 2MWh Strom per anno.

     

    Bei 6cent je kWh sind das 120.000€ Ertrag per anno. Das ist ein lohnendes Investment.

  • Oh je, was für eine schräge Darstellung. Der Gegenwind kommt nicht von irgendwelchen "SPD-Linken in Hessen", sondern ist ein EINSTIMMIGER Beschluss des SPD-Bezirksparteitages Hessen-Süd. Zum besseren Verständnis: In der hessischen SPD sind die beiden Bezirke Hessen-Nord und Hessen-Süd für die Bundespolitik zuständig, nicht der Landesverband. Auf den Bezirksparteitagen werden auch die Delegierten zum SPD-Bundesparteitag und zum SPD-Parteikonvent gewählt. Der SPD-Bezirk Hessen-Süd ist mitgliederstärker als die meisten SPD-Landesverbände. Ich bezweifele, dass alle Parteitagsdelegierten der SPD Hessen-Süd sich als "SPD-Linke" verstehen.

  • "Für die Klimarettung ist viel mehr Wind- und Solarstrom nötig als geplant."

     

    Zunächst mal ist es dem Klima ziemlich schnuppe, ob es "gerettet" wird oder nicht. Davon abgesehen ist ein "Bitte klotzen bei den Erneuerbaren" zwar ganz nach dem Geschmack der Energielobby, aber es führt kein Weg daran vorbei, zuallererst den maßlosen Energiekonsum sowie den generellen Konsum drastisch einzuschränken. Sinnvoller, als Autos mit Strom zu betanken, ist es, Autos auf ein Höchstgewicht und eine Höchstleistung zu beschränken. 1000KG und 55PS für einen 5-Sitzer reichen vollkommen.

  • Kleine Korrektur an den genannten Zahlenwerten: Im genannten Bericht muss es Gigawatt (GW) statt Megawatt (MW) heißen. Dessen ungeachtet ist der Tenor von Greenpeace Energy richtig: Die Zubaukorridore sind zu klein und das Ausschreibungsmodell ist benachteiligt die kleinen Anbieter über Gebühr. Die Energiewende muss schneller kommen. Das Weltklima wird uns immer wieder daran erinnern.

  • Die Idee sämtliche LKW über Oberleitungen zu versorgen ist kurios wenn nicht überflüssig. Die meisten Speditionen aus Polen haben wohl nicht die finanziellen Mittel für solche Investitionen.Derweil geht die Studie auch von zu hohen Stromverbräuchen bei PKW aus . Mit 20 kWh auf 100 km fördert man keine Leichtbaufahrzeuge (5 kWh/100km) sondern rasende Batteriepanzer ala TESLA

  • 2G
    21272 (Profil gelöscht)

    Solche Szenarien mit einem Anstieg der Kosten fuer den Verbraucher ins Uferlose und weiterer Landschaftszerstoerung bei sinkender Versorgungssicherheit wird die Bevoelkerung nicht laenger hinnehmen. Spaetestens die naechsten Wahltermine werden dies deutlich werden lassen. Vernuenftig waere es, alternative Energien nicht weiter auszubauen; das Klima beeinflusst man damit ohnehin nicht.

    • @21272 (Profil gelöscht):

      Kleiner Wahrnehmungsfehler: Der Strom wird immer billiger. Was die Gesamtkosten für den Endverbraucher ansteigen lässt, sind die Netzentgelte und die EEG-Umlage. Beide Posten werden für Bürgerhaushalte überproportional teurer, weil Großverbraucher davon befreit sind. DAS müsste mal bei der nächsten Wahl abgestimmt werden, nicht die Energiewende!

      • 8G
        86548 (Profil gelöscht)
        @cmkaiser:

        Die alternativen Energien sollten schon weiter ausgebaut werden. Aber das EEG sollte dringend abgeschafft werden. Damit verdienen sich Hausbesitzer und Landwirte durch garantierte staatlich festgesetzte eine goldene Nase, während die Verbraucherinnen seit Jahren steigende Strompreise ertragen müssen.