piwik no script img

DIE WORTKUNDE

Arnsdorf in Sachsen, 21. Mai: Ein psychisch kranker Flüchtling aus dem Irak, der Probleme mit seiner Telefonkarte hat, steht im örtlichen Netto und diskutiert mit der Kassiererin. Plötzlich betreten vier Männer den Raum, zerren den Flüchtling aus dem Laden und binden ihn mit Kabelbindern an einen Baum fest. Auf ihren T-Shirts soll „Bürgerwehr“ gestanden haben.

Das Wort BÜRGER (Angehörige eines Staates/einer Gemeinde) stammt vom althochdeutschen „burgari“ (Bewohner einer Burg/Stadt), abgeleitet vom althochdeutschen „burga“ (Schutz, Befestigungsanlage). Ursprung ist das mittelhochdeutsche „burger“ (Burgverteidiger).

Die vier Männer aus Arnsdorf (einer davon CDU-Gemeinderat) schienen sich der historischen Bedeutung des „Bürger“-Begriffs bewusst gewesen zu sein: der gutgestellte Mittelständler, der ängstlich seine Burg verteidigt, natürlich mit einer Bürgerwehr, dem Gipfel des reaktionären Kleinbürgertums. Noch ist „Bürger“ ein positiv besetztes, einrechtschaffenes Wort – doch wie lange noch? Der „Wutbürger“ und die „besorgten Bürger“ haben stark an seinem Image gesägt, und auch früher schon waren die saturierten „Bourgeois“ und das „Kleinbürgertum“ vor allem in linken Kreisen unbeliebt.

Wer sich das Video aus Arnsdorf anschaut, muss sich fragen, ob man nicht eher Angst vor den Bürgern dieses Landes haben muss als vor Flüchtlingen. Gegen solche Bürger müssen wir uns wehren. Erik Wenk

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen