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Fünf Schüsse, keine Konsequenz

ANKLAGE-AUS

Fünf Mal schoss im März ein Bremer Polizist durch eine geschlossene Wohnungstür und verletzte eine 17-Jährige dabei lebensgefährlich. Am Dienstag nun teilte die Bremer Staatsanwaltschaft mit, dass sie deswegen keine Anklage erheben wolle: Der Polizist habe in Notwehr gehandelt, nachdem zuvor aus der Wohnung ein Schuss auf ihn abgegeben worden war. Dass es sich dabei nur um eine Schreckschusswaffe handelte, habe der Beamte nicht erkennen können.

Auch für eine Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt lägen keine Gründe vor, befand die Staatsanwaltschaft. „Diese würde eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung voraussetzen, die vorliegend gerade nicht festgestellt werden kann“, so Sprecher Frank Passade. Schließlich habe der Polizist ja nicht wissen können, dass das Mädchen hinter der Tür stand: „Die war höchstens einen Spalt offen.“

Dabei wären an dem Fall zwei Besonderheiten einer Beurteilung durch ein Gericht durchaus würdig: zum einen, dass der Polizist gleich fünf Mal abdrückte, zum anderen, dass er als Beamter eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) im Streifendienst hospitierte. In diesem Rahmen war er im März zu einem Familienstreit gerufen worden.

Interessant daran ist, dass die Bremer Staatsanwaltschaft im vergangenen August bereits ein Verfahren gegen einen anderen SEK-Beamten einstellte, der einen Suizidgefährdeten angeschossen hatte. Der Waffengebrauch des Mannes sei reflexhafter Natur, argumentierten die Ankläger damals – daher sei ihm nichts vorzuwerfen. Ob solche Leute im Streifendienst richtig sind? eib

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