: Die betrogene Heuschrecke
Prozess Beluga-Unternehmer Niels Stolberg hat eine „Heuschrecke“ ins Boot geholt, und sie zu betrügen. Sagt jedenfalls das Oaktree-Management
Zum 26. Verhandlungstag des Strafverfahrens gegen Beluga-Chef Niels Stolberg wurde am Dienstag erstmals ein Manager von Oaktree gehört. Stolberg hatte im Sommer 2010 diese Investment-Gesellschaft mit einer 160-Millionen-Euro-Geldspritze in das Unnehmen geholt, ein Jahr später hat Oaktree den Unternehmens-Chef buchstäblich vor die Tür gesetzt und Strafanzeige wegen Betrugs gestellt. Wie es dazu kam, wollte das Gericht vom Leiter des deutschen Oaktree-Büros, Hermann Dambach, erfahren.
Prämisse für das Engagement von Oaktree war eine schlichte Zahl: 20 Prozent Gewinn, erklärte Dambach. Beluga sei ein „typischer Mittelständler“ gewesen, der erfolgreich gearbeitet hatte und nur die Krise durchstehen musste. Dazu habe man „viel Verbesserungspotential“ gesehen, „und das Beluga-Management war aufgeschlossen“. Fachleute aus der Schifffahrts-Branche gab es bei Oaktree nicht, das Geschäft ließ man sich von Stolberg erklären – und den Optimismus, dass es nach einer kurzen Delle der Konjunktur wieder aufwärts gehen müsse. Oaktree setzte darauf, nach fünf Jahren wieder aussteigen zu können und dabei unterm Strich 100 Prozent des eingesetzten Kapitals als Gewinn mitzunehmen.
Oaktree steckte das große Geld aber nicht in das Unternehmen Beluga-Holding, sondern in die Schiffsbeteiligungen. Zur Sicherheit, erklärte Dambach: Falls sich das Unternehmen doch nicht erholen sollte, hätte man die Schiffe.
Rückblickend war das das Glück von Oaktree: Heute betreibt die Gesellschaft das Beluga-Geschäft unter dem Namen „HHL“ von Hamburg aus weiter mit knapp zwei Dutzend der Beluga-Schiffe und mit Gewinn.
Stolberg brauchte damals das Geld dringend, Oaktree diktierte die Bedingungen und verlangte eine Menge Kontroll-Ziffern. Bisher hatte der Chef die wichtigen Daten im Kopf. Nur weil Oaktree die operative Leitung vertrauensvoll Stolberg überließ, konnte der die Unternehmensdaten immer mehr fälschen lassen. Die Beluga führte sogar die Schein-Zahlungen an einen holländischen Schiffbauer fort, der einen Teil des Geldes an Stolberg zurück überwies – die „Volharding-Tangente“, wie das intern vornehm hieß. Damit wurden insbesondere auch die Banken betrogen. Als man denen den Betrugsverdacht kurz mitgeteilt habe, so berichtete Dambach, hätten die aber überhaupt nicht reagiert und keine Nachfragen gehabt.
Es ging also erstaunlich lange gut. Bis dann im Februar 2011 ein Mitarbeiter von Beluga, der offenbar den Druck an der Spitze des Familienbetriebes nicht mehr aushielt, zu Oaktree ging und den Betrug offenlegte. Man sei, berichtet Dambach, aus allen Wolken gefallen und es dämmerte die Erkenntnis über das Beluga-Management: „Man kann sich auf niemanden verlassen, alle sind verwickelt.“
Zwei Wochen später konfrontierte man Stolberg direkt mit den Vorwürfen. Der habe eher achselzuckend reagiert, Dambach erinnert sich an die Worte: „What shall I do?“ Weil Oaktree nicht ausschließen konnte, dass Stolberg Akten vernichten würde, habe man ihm umgehend die Schlüssel des Unternehmes abgenommen. Kawe
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