piwik no script img

DNA-Sequenzierer für die Hosentasche

Genanalyse Eine britische Firma hat ein Minigerät für die DNA-Analyse entwickelt. Ein Praxistest erfolgte unter anderem auch bei der Ebola-Epidemie in mehreren westafrikanischen Ländern

Blaulicht flackert, Flatterband wird gespannt, der Gerichtsmediziner raunt dem Inspektor zu, dass er im Laufe der Woche die DNA-Auswertung bekomme. Diese Krimiszene ist vielen bekannt aber bald völlig veraltet. Die britische Firma Oxford Nanopore hat einen Detektor entwickelt, der Erbgut sofort analysieren kann. Das Gerät ist etwas kleiner als eine Zigarettenschachtel und kann mit Hilfe eines Laptops mit dem Internet verbunden werden. Bislang waren die Sequenzierer sehr viel voluminöser, nur in Kombination mit einem biochemischen Labor und mit Fachpersonal denkbar. Der „Minion“ von Oxford Nanopore hingegen kann auch von Laien bedient werden und ist überall anwendbar.

Erst durch neue Entwicklungen in der Nanotechnologie ist der Minion möglich geworden. Kernstück ist ein Biochip. Dieser ist an der Oberseite mit einer Membran ausgestattet, die über Poren verfügt, die nur 1,5 Milliardstel Meter groß sind. Ein DNA-Strang kann, wenn er in solch eine Pore gelangt, abgetastet werden. Die vier Basen, die die Bausteine der DNA bilden, haben unterschiedliche elektrische Eigenschaften. So erzeugt die DNA an dem Biochip einen digitalen Code, der durch den Abgleich mit entsprechenden Datenbanken dechiffriert werden kann.

Erste Praxiseinsätze bewältigte der „Minion“ in Guinea im letzten Jahr bei der Bekämpfung des Ebola-Virus, berichtet der Internetdienst golem.de. Durch die schnelle Analyse einer großen Anzahl von Proben wurde klar, wie die Ansteckungskette verlief und wie diese folglich zu unterbrechen sei. Ähnlich gehen nun Forscher vor, die das Zika-Virus bekämpfen wollen.

Aber auch für Biologen ist das Gerät von großem Wert. Im Regenwald von Tansania sucht man mithilfe des Minions nach bislang unbekannten Froscharten, berichtet golem.de. Lebensmittel können daraufhin untersucht werden, ob sie mit Pilzen oder Bakterien befallen sind. Auch ist eine schnelle Analyse von Speisen möglich. Lasagne aus Pferdefleisch würde sofort enttarnt werden. Beim Artenschutz kann die neue Technologie ebenfalls helfen. Zollbehörden können schnell die illegale Einfuhr von bedrohten Tier- und Pflanzenarten aufdecken. Wissenschaftler von der Universität von Leicester in Großbritannien wurden laut scienceDaily.com vor Kurzem mit einem Preis ausgezeichnet, weil sie Organisationen aus Kenia bei dem Kampf gegen Wilderei mit dem Minion unterstützten. Sogar die Nasa zeigt Interesse an der neuen Technologie. In der Internationalen Raumstation ISS wird der Einsatz unter Schwerelosigkeit erprobt, um Krankheitserreger finden zu können, die die Gesundheit der Astronauten bedrohen können.

Bislang ist eine flächendeckende Ausstattung mit dem Minion noch nicht absehbar, denn das Gerät kostet allein in der Anschaffung zurzeit etwa 1.000 US-Dollar. Es wird aber erwartet, dass die Preisentwicklung in Zukunft durchaus eine Massenanwendung ermöglicht. So planen die Entwickler bei Oxford Nanopore eine gigantische Datensammlung, vergleichbar mit den Bilder- und Kartendiensten der großen Internetfirmen wie zum Beispiel Google Maps. Jeder gescannte DNA-Code könne, so der Plan der britischen Firma, mit Zeit und Ort der Probe, Fotos und Tonaufnahmen kombiniert werden. Die genetische Vermessung der Welt sei so durchaus möglich. Dabei sei der Einsatz in Alltagsgegenständen wie beispielsweise einer Zahnbürste durchaus denkbar. Die Analyse von Speichel und Blut könne in Echtzeit wertvolle Daten für die Behandlung von Krankheiten liefern, heißt es.

Die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass keine Verunreinigungen mit fremder DNA die Ergebnisse verfälschen, wird nicht weiter erörtert. Ein Problem, mit dem Wissenschaftler, aber auch Forensiker immer wieder konfrontiert sind. Den Schutz vor Datenmissbrauch sieht Oxford Nanopore übrigens bei all seinen Plänen gewährleistet. Die Probleme mit der Datensicherheit sei nicht größer als in anderen Bereichen, etwa dem Bankwesen, heißt es. Lutz Debus

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen