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Eva Schneider mischt sich unter die Jungs beim Boys’ Day an der Technischen UniversitätUnd plötzlich spielt das Geschlecht wieder eine Rolle

Feuerwehrmann“, „Programmierer“, „Schiffsbauingenieur“, schallt es durch den Hörsaal H 3010 der Technischen Universität (TU). Ein anderer antwortet auf die Frage nach dem Berufswunsch: Astrophysiker.

Dies ist der Auftakt zum ersten Boys’ Day an der TU. Etwa 100 Jungen sitzen am Donnerstagvormittag im Hörsaal und lauschen der kurzen Einführung durch einen Studierenden. Das weibliche Veranstaltungspendant, der Girls’ Day ebenfalls mit Fünft- bis Achtklässlern, findet parallel und bereits zum 8. Mal statt.

Begegnet sind sich die beiden Gruppen noch nicht im großen Uni-Hauptgebäude an der Straße des 17. Juni. 400 Mädchen haben sich im Lichthof versammelt, während die Jungs weit weg, im dritten Stock, tagen müssen. Sie sollen sich Studiengänge anschauen, die vom jeweils anderen Geschlecht dominiert werden: An der TU herrscht in vielen Männer­überschuss, aber zum Beispiel in Lehramtsstudiengängen fehlen oft auch Männer.

Elijah Rhode hat vorhin nicht reingerufen, was er mal werden will. Er schaut sich den Studiengang „Umwelttechnik“ an, den im Moment mehr Frauen studieren. „Welches Geschlecht man hat, spielt doch keine Rolle. Ich will eben einfach nur die Umwelt schützen“, erklärt der 13-Jährige. Lucio Battista ist genauso alt: „Ich dachte eigentlich, es gibt keine Unterteilung mehr zwischen Männer- und Frauenberufen.“ Auch er ist verwundert über das Girls’- und Boys’- Day-Konzept.

Dem elfjährigen Erol Totic geht es nicht anders. „Ich will mal Professor werden, und es gibt ja auch Frauen, die das machen“, sagt der Astrophysiker in spe.

Warum hier an diesem Donnerstag überhaupt das Geschlecht ein Thema ist? „In der TU gibt es zwar eine spezielle Frauenförderung, aber trotzdem existieren Bereiche wie das Lehramt, die von Frauen dominiert sind“, erklärt Astrid Gorsky, die zum Organisationsteam gehört. Der Uni sei es wichtig, niemanden auszuschließen. Deshalb hat sie neben dem Girls’ Day nun auch den Boys’ Day angeboten.

Absurderweise führt ausgerechnet der Versuch, Geschlechterrollen zu überwinden, dazu, diese stärker wahrzunehmen. Ohne es eigentlich zu wollen, fragt man sich plötzlich bei jedem vorbeiziehenden Studierenden, ob sie wohl Bautechnik und er eher Kunstwissenschaften studiert. Vielleicht sind wir ja schon so weit, dass Girls und Boys wieder gemeinsam auf Schnuppertour gehen können – zumindest an der Uni.

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