Arte feiert Shakespeare: Das perfekte Promi-Dinner
Regisseur Achim Bornhak lädt in der Klassiker-Farce „Shakespeares letzte Runde“ die Protagonisten des Dramatikers in ein Berliner Lokal ein.
Neunzehn Jahre nach der Komödie „Rosini“ und ein Jahr nach dem Tod von Helmut Dietl serviert das Promilokal Nummer eins nicht mehr im heimeligen München, sondern im globalisierten Berlin. Es heißt, nicht nur deswegen, „The Globe“.
Die von Gastgeber Will (Alexander Scheer) bewirteten Gäste gehören nicht bloß der lokalen oder nationalen Schickeria an, nein, sie sind in der ganzen Welt bekannt. Und das seit ungefähr 400 Jahren. Denn diese High Society rekrutiert sich ausnahmslos aus den Celebrities in Shakespeares Stücken – dieses großen und derzeit allerorten, so auch im Arte-Programm gefeierten britischen Autors.
Und sind sie sich in diesen auch nie begegnet, so sitzen hier und jetzt, im Berlin des Jahres 2016, Tisch an Tisch – wenn sie nicht gerade auf dem Klo vögeln oder von Puck mit Drogen versorgt werden: Romeo und Lady Macbeth, Hamlet und Titania, Falstaff und Julia, Othello und Desdemona … Ach, die letzten beiden sind ja tatsächlich verheiratet! Und: Republik Venedig – Berliner Republik: Was macht das schon für einen Unterschied?
Bei Dietls „Rossini“ hat die Kenntnis des parodierten Personals den Spaß erhöht – bei Achim Bornhaks „Shakespeares letzte Runde“ ist sie notwendige Voraussetzung. Bornhak hatte in dem Uschi Obermaier-Biopic „Das wilde Leben“ bereits Promis (Langhans, Jagger, Richards) und in seinem jüngsten Werk „Der Nachtmahr“ eine veritable Freakshow inszeniert. So erweist sich die „letzte Runde“ gewissermaßen als Synthese.
Mit Iris Berben, Reiner Schöne, Natalia Belitski und Ruby O. Fee ist der Film so historisch wie Newcomer-bewusst, in jedem Fall aber erlesen besetzt – bei „Shakespeare“ lässt ein wahrer Vollblutschauspieler natürlich sofort jedes andere Projekt stehen und liegen. Und er ist ein ziemlich aufwändiger Insider-Witz für Anglisten und (Regie-)Theatergänger.
Oder wird „House of Cards“ vorgeführt?
Der jede Frage nach der Werktreue, etwa der Verlegung einer Handlung in die Gegenwart, genüsslich ad absurdum führt. Mit Split Screen und Wackelkamera. Oder werden hier gerade die Adaptionen vorgeführt, die sich mit Shakespeare-Federn schmücken – TV-Serien wie „House of Cards“ und „Sons of Anarchy“, die angeblich von Macbeth und Hamlet handeln sollen?
Nun, in dieser Sause, die nach Theatermaßstäben eine Farce ist, ist Hamlet (Max Hegewald) ein schluffiger Hipster-Nerd, der sich vom Kellner sagen lassen muss, dass er seine Wollmütze abnehmen soll und der, wenn er was Hartes trinken will, Amaretto bestellt. Macbeth (Wilfried Hochholdinger) ist zwar als Verteidigungsminister in Berlin angekommen, hat aber offenbar Komplexe, weil er seine Politikerkarriere in Bergisch-Gladbach startete.
„Shakespeares letzte Runde“, Arte, Mittwoch 22 Uhr
Romeos (Burak Yigit) und Julias große Liebesgeschichte ist auch nicht mehr, was sie mal war. Auf dem iPhone zeigt Julia, woran sie ihr Herz verloren hat: „Ein Landhaus. In der Uckermark. Wir könnten ’ne Scheune als Proberaum haben. Uns ’n Atelier einrichten. Und ’n Studio. Ich will mit dir da leben. Nur wir beide.“ Romeo: „Julia. In der Uckermark? Alle Spießer! Über 30 alle! Voll mit Nazis! Was soll man da?“
Was soll man da drüber nachdenken, was das noch mit Shakespeare zu tun hat? Soll man nicht.
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