Zentrale Seit drei Jahren residiert Greenpeace Deutschland in der Hamburger Hafencity. Das repräsentative Gebäude zeigt, wie sich die Organisation professionalisiert hat: Aktivisten-Selfie vor Fotowand
Von Annika Lasarzik
Die Hamburger Hafencity ist kein Ort für Überraschungen. Moderne Architektur sieht hier so aus, wie man sich moderne Architektur vorstellt: viele Tonnen Stahl und Beton, manchmal Holz – und riesige Glasfassaden, der Transparenz wegen.
Trotzdem wirken die meisten Gebäude nicht einladend, eher wie gewaltige Klötze in einem Stadtteil, in dem sonst nichts ist. Die wenigen Passanten, die heute am Magdeburger Hafen, im östlichen Teil der Hafencity, unterwegs sind, wirken wie Geschäftsleute, die nur schnell mal von A nach B gehen. An Ecken wie diesen bewegt sich der Stadtteil immer noch irgendwo zwischen Hochglanzoptik und ewiger Baustelle. Eine eigene Identität hat das einst umstrittene Bauprojekt bis heute nicht entwickelt, große Emotionen löst es nicht aus: Vielen Hamburgern, so scheint es, ist die Hafencity einfach ziemlich egal.
Aktionismus, Bewegung an diesem Ort? Schwer vorstellbar. Doch zwischen all den Klötzen steht noch ein Klotz, in dunklem Backsteinrot, an einer Wandseite prangt ein grünes Logo: „Greenpeace“. Seit 2013 residiert die Deutschlandzentrale der Umweltorganisation hier im Elbtorquartier, gemeinsam mit der Kraftwerkstochter Planet Energy und dem Stromversorger Greenpeace Energy.
Rund 7.000 Quadratmeter Bürofläche hat die Umweltorganisation in den Elbarkaden angemietet, einem 170 Meter langen Gebäuderiegel, der mit seiner Uferpromenade am Wasser wohl ein wenig Jungfernstieg-Flair bringen soll. Wer den Greenpeace-Klotz durch die große Glastür am Eingang betritt, ist geneigt, sich erst mal die Augen zu reiben. Im Inneren ist alles sehr groß, sehr weiß, sehr hell – und ziemlich schick.
Ein Atrium in der Mitte gibt den Blick zum Glasdach und zu den umliegenden Etagen frei, die sich im Kreis um den Hof winden. Vier Treppen und mehrere Fahrstühle verbinden die Stockwerke miteinander. Beim Gang über die schmalen Flure kann man in die einzelnen Büros hineinschauen, die fast alle von raumhohen Fensterfronten umschlossen sind. Das Design – schlicht, praktisch, aufgeräumt, stets in Weiß und mit Greenpeace-typischen Farbtupfern versehen: grasgrün, neongelb, himmelblau.
Ohne das prägnante Vereinslogo, das von den Wandplakaten immer wieder ins Auge springt, könnte schnell der Eindruck entstehen, dass hier ein fesches Start-up-Unternehmen residiert. Doch es ist überdeutlich, wer hier der Mieter ist. Dafür sorgt schon allein die Dauerausstellung im Foyer: Hier informiert Greenpeace über Umweltschutz, seine Geschichte und aktuelle Kampagnen. Sechs Meter ragt das größte Exponat der Ausstellung in die Höhe, ein Totempfahl, Geschenk des Nuxalk-Stammes aus dem kanadischen Great-Bear-Regenwald, mit dem Greenpeace-Aktivisten 1999 für die Rettung seiner Heimat demonstriert haben.
Direkt daneben, ebenso unübersehbar: eine riesige Zeitleiste, auf der die erfolgreichsten Aktionen von Greenpeace eingetragen sind.
Doch Information ist das eine, Greenpeace will auch Engagement anregen. Das heißt: Spenden – oder selbst aktiv werden. Dafür setzt die Umweltorganisation klar auf den Coolness-Faktor. Auf großflächigen Plakaten sind gut gelaunte junge Aktivisten zu sehen. Mit Erinnerungsstücken wie einem Original-Schlauchboot und einem Teil des ausgedienten Aktionsschiffs „MS Beluga“ pflegt Greenpeace das Image der verwegenen Weltverbesserer.
Skurril wird es dann, wenn Besucher zum coolen Aktivisten-Selfie vor einer Fotowand animiert werden. „Im Überlebensanzug für Greenpeace aktiv werden, zumindest auf dem Foto?“, heißt es an einer Station. Also Kopf und Arme durch den orangenen Schutzanzug gesteckt, dahinter das weite Meer als Fotokulisse, Auslöser gedrückt: endlich einmal ein echter Greenpeace-Aktivist sein – und wenn die Szenerie am Ende doch nur auf dem Instagram-Profil landet. So geht Marketing.
Greenpeace ist heute ein hochprofessionelles Unternehmen, das auf die richtige Außenwirkung setzt. Das gilt auch für den wuchtigen Neubau in der Hafencity. In dem von Greenpeace genutzten Gebäudeabschnitt kommen Fotovoltaik, Erdsonden, eine Wärmepumpe und eine Holzpelletanlage zum Einsatz. Die Warmmiete soll durch die Energieeinsparung laut Greenpeace nicht teurer sein als im vorigen Gebäude an der Großen Elbstraße in Altona.
Sichtbarstes Merkmal des nachhaltigen Energiekonzepts und zugleich Markenzeichen der Greenpeace-Zentrale: drei riesige Windräder und eine Solaranlage auf dem Dach. Sie sollen Strom für eine Wärmepumpe erzeugen, die wiederum das Haus temperiert. Eigentlich. Doch die Windräder stehen seit Wochen still. Mitarbeiter der Ausstellung sprechen von „Konflikten mit dem Vermieter“, man sei darüber „alles andere als glücklich“. Hohe Wartungskosten sollen eine Rolle gespielt haben.
Die Greenpeace-Führung will sich offiziell nicht äußern und verweist an den Vermieter, die DS Bauconcept GmbH. Dort geht man nicht ins Detail. „Es gab Probleme mit dem Unternehmen, dass die Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten an den Windrädern durchgeführt hat“, sagt Projektleiter Kai Krüger.
Bis zur nächsten Wartung stehe die Windenergieanlage noch still. Ab Mai sei ein anderes Serviceunternehmen dafür zuständig – dann sollen sich die Räder wieder drehen.
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