Kommentar Rücktritt in der Ukraine: Die Fäden weiter in der Hand
Mit seinem Rücktritt hat Ministerpräsident Jazenjuk vorerst Neuwahlen abgewendet. Ganz weg von seinem Platz im politischen Geschäft ist er nicht.
Tschüss: Arsenij Jazenjuk Foto: dpa
Mehrere Monate hatte sich der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk beharrlich geweigert, Rücktrittsforderungen aus allen politischen Lagern entgegenzukommen. Nun hat sich Arsenij Jazenjuk, der mit seinen rigorosen Sparmaßnahmen die politische Verantwortung für die Verarmung weiter Teile der Bevölkerung trägt, diesem Druck gebeugt.
Mit seinem Rücktritt hat Jazenjuk ein für ihn noch schlimmeres Szenario, Neuwahlen, vorerst abgewendet. Seine „Volksfront“, die im Oktober 2014 mit 22 Prozent der Wählerstimmen in das Parlament eingezogen war, bewegt sich in den aktuellen Meinungsumfragen zwischen 1 und 2 Prozent. Bei Neuwahlen würde sie in die Bedeutungslosigkeit entschwinden.
Aber auch Petro Poroschenko hat durch Jazenjuks Rücktritt gewonnen. Vorerst steht er nicht mehr wegen seines Finanzgebarens, das durch die Veröffentlichungen in den Panama-Papers deutlich geworden ist, im Rampenlicht. Die Schlagzeilen gehören dem Premierminister. Und aller Wahrscheinlichkeit wird ein Mann nächster Ministerpräsident, der Poroschenko immer loyal gewesen ist, sein langjähriger Geschäftspartner Wolodymyr Hrojsman.
Mit dem Austritt der drei kleinen Koalitionspartner haben der Poroschenko – Block und Jazenjuks „Volksfront“ formal ihre absolute Mehrheit verloren. Doch man weiß sich zu helfen. Zwei ehemaligen Abgeordneten der Poroschenko–Partei, die die Fraktion verlassen hatten, wurde kurzerhand das Abgeordnetenmandat entzogen. Nun sind zwei neue Abgeordnete in der Fraktion, auf die man sich verlassen kann.
Und auch der so verhasste Oppositionsblock, einem Sammelbecken von Weggefährten des ehemaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch, dürfte gerne bei der Suche nach ständig wechselnden Mehrheiten behilflich sein. Mit Dankbarkeit erinnert man sich in der Regierung an das Misstrauensvotum vom Februar, das Jazenjuk nur dank des Abstimmungsverhaltens des Oppositionsblockes das politische Überleben gesichert hatte.
Jazenjuk wird über die Minister seiner Volksfront weiter die Fäden in der Regierung ziehen. Seine Äußerung, nun habe er ein größeres Aufgabenfeld als ein Ministerpräsident, läßt vermuten, dass er große Pläne hat.
Kommentar Rücktritt in der Ukraine: Die Fäden weiter in der Hand
Mit seinem Rücktritt hat Ministerpräsident Jazenjuk vorerst Neuwahlen abgewendet. Ganz weg von seinem Platz im politischen Geschäft ist er nicht.
Tschüss: Arsenij Jazenjuk Foto: dpa
Mehrere Monate hatte sich der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk beharrlich geweigert, Rücktrittsforderungen aus allen politischen Lagern entgegenzukommen. Nun hat sich Arsenij Jazenjuk, der mit seinen rigorosen Sparmaßnahmen die politische Verantwortung für die Verarmung weiter Teile der Bevölkerung trägt, diesem Druck gebeugt.
Mit seinem Rücktritt hat Jazenjuk ein für ihn noch schlimmeres Szenario, Neuwahlen, vorerst abgewendet. Seine „Volksfront“, die im Oktober 2014 mit 22 Prozent der Wählerstimmen in das Parlament eingezogen war, bewegt sich in den aktuellen Meinungsumfragen zwischen 1 und 2 Prozent. Bei Neuwahlen würde sie in die Bedeutungslosigkeit entschwinden.
Aber auch Petro Poroschenko hat durch Jazenjuks Rücktritt gewonnen. Vorerst steht er nicht mehr wegen seines Finanzgebarens, das durch die Veröffentlichungen in den Panama-Papers deutlich geworden ist, im Rampenlicht. Die Schlagzeilen gehören dem Premierminister. Und aller Wahrscheinlichkeit wird ein Mann nächster Ministerpräsident, der Poroschenko immer loyal gewesen ist, sein langjähriger Geschäftspartner Wolodymyr Hrojsman.
Mit dem Austritt der drei kleinen Koalitionspartner haben der Poroschenko – Block und Jazenjuks „Volksfront“ formal ihre absolute Mehrheit verloren. Doch man weiß sich zu helfen. Zwei ehemaligen Abgeordneten der Poroschenko–Partei, die die Fraktion verlassen hatten, wurde kurzerhand das Abgeordnetenmandat entzogen. Nun sind zwei neue Abgeordnete in der Fraktion, auf die man sich verlassen kann.
Und auch der so verhasste Oppositionsblock, einem Sammelbecken von Weggefährten des ehemaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch, dürfte gerne bei der Suche nach ständig wechselnden Mehrheiten behilflich sein. Mit Dankbarkeit erinnert man sich in der Regierung an das Misstrauensvotum vom Februar, das Jazenjuk nur dank des Abstimmungsverhaltens des Oppositionsblockes das politische Überleben gesichert hatte.
Jazenjuk wird über die Minister seiner Volksfront weiter die Fäden in der Regierung ziehen. Seine Äußerung, nun habe er ein größeres Aufgabenfeld als ein Ministerpräsident, läßt vermuten, dass er große Pläne hat.
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Kommentar von
Bernhard Clasen
Journalist
Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.
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