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Keine Erfindung der christlichen Seefahrt

AUSSTELLUNG Mit der Sonderausstellung „Abenteurer Entdecker Forscher“ gewährt das Übersee-Museum ein wenig zusammengewürfelt und technisch etwas klapprig Einblicke in die Vermessung der Welt

Vasco da Gama reiste dreimal nach Indien, „wo er als Held starb“. So erklärt es die Ausstellung „Abenteurer Entdecker Forscher“ im Übersee-Museum. Immerhin erfahren wir auch, dass seine Reisen eher „einer militärischen Expedition als einer Entdeckungsreise“ glichen. Aber wurde auch geschossen? Das scheint die Macher der Sonderausstellung wenig zu interessieren. Heldentum hingegen schon eher.

Nun bleibt es dem Publikum überlassen, ob es sich zumindest zunächst nicht doch lieber mit den Forschern beschäftigen will, bei denen es weniger gewalttätig zugeht. Da muss man sich ohnehin entscheiden: Nach links geht’s zu Maria Sybilla Merian, Darwin, Curie, die erste deutsche Tiefseeexpedition und Schimpansenforscherin Jane Goodall. Rechts geht’s zu den Abenteurern und Entdeckern, von Ibn Battuta über Zhen He bis zu Fridtjof Nansen und dem Bremer Afrikareisenden Gerhard Rohlfs.

Aber halt! Als erstes sehen wir die Abenteurer und Entdecker von heute – die, anders als ihre Vorfahren, eher ohne staatlichen Auftrag und Alimentierung durch die Welt gondeln, Extrembergsteiger und Um-die-Welt-Radler zum Beispiel. Helden von heute? Immerhin: Figuren wie Ibn Battuta und Zhen He gehören nicht unbedingt zum eurozentrischen Wissenskanon: Der eine reiste im 14. Jahrhundert von Marokko bis nach China, der andere führte seine Flotten von China bis nach Afrika. Die Entdeckung der Welt: keine Erfindung der christlichen Seefahrt. Und auch nicht Männern vorbehalten: Maria Sybilla Merian zog es schon Ende des 17. Jahrhunderts nach Surinam, ihre Forschungen zu Schmetterlingen waren echte Pionierarbeit.

Neben derlei Belehrungen von gelegentlich durchwachsenem Gehalt bemüht sich die Ausstellung um Interaktivität und den Nachwuchs. Eine begehbare Taucherglocke gibt es da, einen Geigerzähler, eine Weltkarte mit einem sich nicht recht auf Norden festlegen lassen wollenden Kompass. Dazwischen Vitrinen mit ausgestopften Tieren, Artefakten und derlei mehr, was sonst im Archiv des Museums vor sich hin schlummert. Für die Kleinen hat’s eine Malecke und Texte in einfacher Sprache. Da fehlt allerdings manch Spannendes: So berichtet Zhen He aus Thailand, hier entschieden die Frauen über alles und stiegen gern mit Männern aus dem Reich der Mitte in die Kiste.

Sehr abenteuerlich ist das Ganze nicht, eher ein wenig zusammengewürfelt und bisweilen technisch etwas klapprig.  ASL

„Abenteurer Entdecker Forscher“ ist bis zum 17. Februar im Übersee-Museum zu sehen

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