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Trennung vom TrainerHannover entlässt Schaaf

Im Spiel der Abstiegskandidaten schmiert Hannover 96 mit 0:3 gegen den HSV ab. 96-Trainer Thomas Schaaf will weitermachen, aber der Verein zwingt ihn zum Rücktritt.

Unglücklich, aber selbst schuld am Abstieg seines Teams: Hannover 96-Trainer Thomas Schaaf. Foto: dpa

Hannover taz |Am Ende musste er doch gehen: Am Sonntagabend hat die Führung von Hannover 96 den Trainer Thomas Schaaf beurlaubt. Wie das Schlusslicht der Ersten Fußball-Bundesliga mitteilte, wird der derzeitige U-19-Trainer Daniel Stendel dessen Nachfolger.

Schaaf hatte als 96er-Trainer am Samstag die zehnte Niederlage im elften Spiel eingefahren. Damit ist für Hannover der Abstieg aus der Fußballbundesliga so gut wie sicher. Trotzdem hatte der Trainer noch am Samstag jede Spekulation von sich gewiesen, er werde freiwillig abtreten. „Ich habe einen Vertrag geschlossen und den erfülle ich“, sagte Schaaf. Dass das schwierig für ihn werden würde, zeigte schon der Nachsatz. „Wenn einer da ist, der es besser kann, soll er es machen“, sagte er in einem Pressegespräch.

Eigentlich plagen den Tabellenletzten schon genug Sorgen. Hannover 96 hatte gegen den zunächst schwachen HSV 60 Minuten lang ganz gut gespielt, musste aber das 0:1 durch Cléber (61. Minute) hinnehmen und war dann eingebrochen. Ivo Ilicevic (73.) und Nicolai Müller (75.) ließen einen Gast jubeln, der sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte, aber wenigstens das Tor traf.

„Das war ein kompliziertes Spiel“, befand HSV-Trainer Bruno Labbadia, dessen Team in der ersten Halbzeit wie ein potenzieller Absteiger gespielt hatte. Aber wer fragt hinterher schon noch danach, wenn vor 49.000 Zuschauern in einem ausverkauften Stadion ein umjubelter Sieg gelungen ist?

Der starke Sven Schipplock hatte zwei HSV-Treffer vorbereitet und so bleibt Hamburg jene Hauptrolle im Abstiegskampf erspart, die Hannover seit Wochen spielt. „Wir müssen die letzten Spiele noch würdig bestreiten“, sagte Ron-Robert Zieler. Der Schlussmann der Niedersachsen klang so traurig, als habe man ihn aufgefordert, eine Beileidsbekundung für Hannover 96 abzugeben.

Wie lange noch? Warum eigentlich? Mit solchen bohrenden Fragen hätte sich Schaaf, wäre er nicht zum Aufgeben gezwungen worden, noch bis zum letzten Spieltag herumschlagen dürfen. Längst hatte er gemerkt, dass die Mannschaft nicht umsetzen konnte, was er sich ausdachte und vorgab. Und er mochte auch nicht mehr verschweigen, dass seine nahezu unlösbare Aufgabe eine Vorgeschichte hatte:

Schaaf war der dritte 96-Trainer in zwei Jahren. Er führte die teuerste und erfolgloseste Mannschaft der Vereinsgeschichte. „Hier läuft seit geraumer Zeit etwas ab, das nicht funktioniert“, sagte Schaaf nach dem Nordduell. Ruhig und sachlich legte er den Finger in die Wunden eines Vereins, dessen Entscheidungsträger durch Abwesenheit glänzten. Präsident Martin Kind hatte laut übereinstimmenden Medienberichten signalisiert, dass es erst einmal mit Schaaf weitergehe. Es wirkte stur bis planlos, wie Trainer und Verein aneinander festhielten, obwohl sie fast gar nichts gemeinsam erreicht hatten.

Längst hat Schaaf gemerkt, dass die Mannschaft nicht umsetzen kann, was er sich ausdenkt

Beim harten Kern der 96-Fans, der die eigene Mannschaft mit einem höhnischen „Auf Wiedersehen“ aus dem Stadion verabschiedete, schien die Hoffnung längst geschwunden zu sein. Niemand ging auf die Barrikaden. Den üblichen Schmähgesang gegen den Präsidenten, der sonst sehr aggressiv klingt, stimmten die Anhänger in der „Nordkurve“ zu einer eher lustigen Melodie an.

„Es staut sich etwas auf. Alles ist negativ belastet. Das Problem ist in unseren Köpfen“, fand Hannovers Mannschaftskapitän Christian Schulz. Er und seine Teamkollegen schwiegen, wenn sie zur Zukunft ihres Trainers gefragt wurden. Schaaf hatte längst alle Karten auf den Tisch gelegt. Er hatte merkwürdige Umstellungen vorgenommen, gute Spieler wie Manuel Schmiedebach und Salif Sané degradiert und zuletzt dem Team den Elan abgesprochen.

Seinen Kritikern entgegnete Schaaf, er habe eine Aufgabe und die Pflicht, nicht aufzugeben. Die Einstellung klang ehrenwert, verbaute Hannover 96 aber auch die Chance, frühzeitig einen Neuaufbau einzuleiten. Der kann jetzt kommen.

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