: Als die Subversiven filmten
BEGLEITPROGRAMM Das Metropolis-Kino ergänzt die Ausstellung „Geniale Dilettanten“ im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe mit einer Reihe schräger Filme aus den 80er- und 90er-Jahren
Irgendjemand hatte fast immer eine Kamera dabei. Zur Entgrenzung beim musikalischen Underground in den frühen 80er-Jahren gehörte auch, dass die Bilder selbst gezimmert wurden. Egal ob Super-8-Aufnahmen, Videos oder mit wackeliger Handkamera aufgenommene Konzertauftritte: Die Filme sollten genauso subversiv sein wie die Töne.
Deshalb ist es nur konsequent, wenn zu der Ausstellung „Geniale Dilettanten – Subkultur der 1980er-Jahre in Deutschland“ im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe (taz-nord vom 23. Januar) ein begleitendes Filmprogramm gezeigt wird. Kuratiert wurde es von dem Hamburger Independent-Pionier Alfred Hilsberg, der damals als Labelchef Bands wie „Einstürzende Neubauten“, „Tödliche Doris“ und „Palais Schaumburg“ förderte.
Seine Auswahl ist eine Mischung aus Klassikern und Unbekanntem. So läuft etwa am 26. März der angemessen wirre Kultfilm der Punkszene: „Decoder“ von Mucha, in dem Christiane F. und William S. Burroughs mitspielten, „Soft Cell“ und „Einstürzende Neubauten“ die Musik machten und davon erzählt wird, wie Musik zur Waffe wird. Klaus Maeck schrieb das Drehbuch und auch sonst ist der Hamburger Filmproduzent und Musikverleger im Programm gut vertreten. Neben seinem in den vergangenen Monaten oft gezeigten „B-Movie: Lust & Sound in West Berlin 1979-1989“ (28. März) läuft seine Dokumentation „Einstürzende Neubauten – (von nun an nur noch) Liebeslieder“ (25. März) von 1993.
Doch spannender als diese filmischen Rückblicke sind die damals produzierten Filme. So etwa der 1982 gedrehte „Die Letzte Rache“ (13. April) von Rainer Kirberg mit seiner damals sehr verwegenen Mischung aus expressionistischer Stummfilm-Ästhetik und New-Wave-Chic. Im gleichen Jahr drehte der ungarische Regisseur Gabor Altorjay in Hamburg „Tscherwonez“ (27. März), eine New-Wave-Satire, in der ein sowjetischer Seemann die schöne neue Welt in Hamburg entdeckt und dabei von Russen, Verfassungsschützern und einem Sensationsreporter gejagt wird.
Ein Fund ist auch die Dokumentation „AG Geige – Ein Amateurfilm“ (22. April), die Carsten Gebhardt 1980 über eine Gruppe von Electronic-Avantgardisten in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) drehte. Alfred Hilsberg wird am 25. März durch das Hamburg-Special führen, bei dem Kurzfilme aus privaten Sammlungen sowie Beiträge aus dem Video-Magazin „Für eine Handvoll D-Mark“ gezeigt werden. Dazu gibt es Livemusik von Andy Giorbine. Wilfried Hippen
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