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Ortstermin: In otterndorf an der elbe haben Flüchtlinge um den syrischen koch mahib dohdol zum dankesessen eingeladen. Es wird ein abend der herzlichkeit und des respektsKultur im Bauch

Der Starkoch sagt „Danke“: Mahib Dohdol  Foto: Matthias Beilken

Herrmann feudelt noch einmal penibelst den Boden des Gästeraumes und checkt mit seinem Kumpel Mahmoud, einer professionelle Servicekraft, die eingedeckte Tafel. Die sieht aus, wie aus einem Märchen: jede Menge Kristall, weiße Decken, rote Decken, Porzellan, Blumenväschen und gestreute Linsen.

Herrmann stammt aus dem zerbombten Kobane und trägt einen typisch kurdischen Namen. Zusammen mit einer Truppe von Asylbewerbern um den Starkoch Mahib Dohdol serviert er im Rahmen der Aktion „Zu Gast bei Gästen“ des Stadthotels Eibsen in Otterndorf ein kostenloses syrisches Vier-Sterne-Menü.

Das Dankesdinner ist eine Wohltätigkeitsveranstaltung, initiiert von Christoph Sohnrey, der das seit 1883 in Familienbesitz befindliche Hotel mit führt. „In Zeiten großer Not haben die Otterndorfer den Flüchtlingen geholfen“, sagt Sohnrey. „Nun ist es an der Zeit, sich dafür zu bedanken.“

Der Regisseur dieses Ensembles, der schlaksige Mahmoud, wohnte einmal in Aleppo. Seine Familie wohnt da immer noch und wenn er mit der telefoniert, hört er im Hintergrund der Gespräche Maschinengewehrsalven.

Hussan steht gerade hinter der Theke. Aber eigentlich weiß er alles über Autos und leitete eine große Werkstatt in der Nähe von Damaskus, von der jetzt nichts mehr übrig ist. Erst vor ein paar Monaten wurde er bei Otterndorf geparkt, spricht schon ein paar Brocken deutsch und gebrochen englisch: „All bombs. All firing. Home gone.“ Na bitte. Beim Deutschen ist noch mehr Luft nach oben, vor allem, wenn es um gastronomische Feinheiten geht wie „Apfel…schorrlää“.

Zeit, Mahib zu besuchen, in seinem Reich, der Küche. Der Ort, an dem er „seine Kunst versieht, wie ein Musiker im Studio“.

Auf dem Herd blubbert Linsensuppe, frittieren Kartoffen für das Hauptgericht Tajel Amir („Prinzenkrone“). Daneben stehen Töpfe mit Vorspeisenpasten: rote, grüne, weiße. Natürlich herrscht kurz vor der Show angespannte Stimmung. Zumal Mahib einen Langlöffel zum Einlöffeln von Cremes in Spritztüten nicht an seinem Platz wähnt. Dass er leise flucht, ist zu merken, obwohl es – da auf Arabisch – nicht zu verstehen ist.

Später, beim Anrichten der Vorspeisentellers stimmt die Stimmung wieder. Die Syrer singen in der Küche und offenbaren ein weiteres Kulturgeheimnis: die Küche als Ort des Friedens, kochen selbst als Akt der Geselligkeit. Der Weg ist das Ziel, quasi. Nur auf Syrisch.

Dass da ein Koch-Zauberer ist, der nicht kommerziell zaubern darf, bis sein Asylverfahren in Monaten oder Jahren abgeschlossen ist und auf der anderen Seite ein Restaurant, das zwar leer steht und in dem er Gerichte wie aus Tausend und einer Nacht bereiten könnte, das aber auch weiterhin leer stehen wird, ist auf Deutsch gesagt ziemlich bescheuert.

Es ist aber Licht am Ende des Tunnels in Sicht. Es wird weitere Dankesdinner geben. Und Sohnrey könnte auch dazwischenfahren, wenn sich deutsche Behörden mit ihren Bedenken umkreisen und die Kombination „Mahib Dohdol and friends“ und „Altstadthotel Eibsen“ zu einer festen Institution werden lassen. Dann gäbe es bei ihm mittags Bratwurst mit Sauerkraut und Falafel. Aber auch daran würde Otterndorf sich gewöhnen.

Bei der „After Show Party“ offenbart sich orientalische Kultur richtig. Die dauert bis vier Uhr morgens und die noch standhaften Gäste tauchen in das – zugegebenermaßen eher maskulin geprägte – Kulturreich des „Shabab“ ein: das Reich, in dem großartige Herzlichkeit, Heiterkeit und unbedingter Respekt und Gastfreundschaft herrschen.

Es ist ein Reich der Emotionalität, in der Freunde schnell zu Brüdern („Shabab“) werden – ein Reich, in dem getanzt wird, in dem Wein fließt und die Mundwinkel garantiert nicht nach unten zeigen – und in dem es manchmal sogar Freudentränen geben kann.

Die Frage, ob er eigentlich gerne in seine Heimat zurückkehren würde, beantwortet der Kurde Herrmann aus Kobane mit der makaberen Handkante-an-Kehle-Geste: „Würde ich ja schon gerne“, sagt er. „Aber das geht nicht, da killen sie uns.“ Matthias Beilken

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