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Erbauliches zum Kampftag

Musik Schon zum 28. Mal bieten die Künstlerinnen des „Women in (e)motion“-Festivals ein vielfältiges Programm an fünf Abenden –von Singer-Songwriterinnen bis Jazz

In Frankreich längst eine Szene-Größe: Sängerin Faustine mit Band   Foto: D. Le Roux, Eric Legretdpa/Festival

von Jannik Sohn

Die kommenden Tage stehen musikalisch ganz im Zeichen der Frauen: Ab Samstag findet die 28. Ausgabe des Festivals „Women in (e)motions“ statt. In der Konzertreihe spielen Geheimtipps und etablierte Musikerinnen in der Worpsweder Music Hall und im Bremer Moments. Das Festival zeigt musikalische Nischen auf: Experimenteller Jazz und Weltmusik kommen zur Geltung, genauso wie eingängiger Folk und Blues. Unterstützt und ermöglicht wird das Festival vom Nordwestradio und „Sparkasse in Concert“. Passend zum internationalen Frauenkampftag am 8. März sind Männer dabei höchstens musizierende Begleiter.

„Sinn und Zweck war“, so die OrganisatorInnen, „die Rolle von Musikerinnen durch dieses Festival-Projekt besonders hervorzuheben und zu würdigen.“ Es gehe zwar nicht darum, Männer von der Bühne oder gar aus dem Publikum auszuschließen, doch es sei entscheidend, dass die „bestimmende musikalische Kraft“ von einer Frau ausgehe – ob als Bandleaderin oder Solistin.

Die zeitliche Nähe zum Frauentag ist dann allerdings doch ein Zufall. Das bereits seit 1988 stattfindende Festival hat bereits in allen Monaten des Jahres stattgefunden. Von der Journalistin und Label-Gründerin Petra Hanisch initiiert, präsentierte die Konzertreihe über die Jahre eine Vielzahl von Musikerinnen, darunter die Folk-Ikone Odetta: Sie prägte etwa Bob Dylan in seiner frühen Schaffenszeit. „Women in (e)motion“ hat in der Vergangenheit bereits für einige Künstlerinnen einen Karriereschub bedeutet, für Gabby Young oder die Folk-Musikerin Patty Griffin etwa.

Für Jazz-Pianistin Julia Kadel bedeutet die diesjährige Ausgabe eine Besonderheit, denn am Dienstag wird sie eines ihrer seltenen Solokonzerte geben. Das Piano reizt sie mit ihren Eigenkompositionen aus: Experimentelle Harmonien treffen auf anspruchsvollen und improvisierten Jazz.

Ihr Instrument nutzt Kadel dabei auch gerne wie eine Harfe, greift in die Mechaniken ihres Flügels und zupft dessen Saiten oder schlägt sie wie ein Vibrafon an. In einer bestechenden Schnelligkeit spielt sie ihre Stücke und verleiht ihnen – mit schnell gespielten Bass-Tönen – eine starke Dynamik und einen einzigartigen Rhythmus.

Eigentlich tritt sie als Leaderin und Komponistin eines Trios in Erscheinung, mit dem Schlagzeuger Steffen Roth und dem Kontrabassisten Karl-Erik Enkelmann. In Bremen hat die Combo 2015 bei dem „Jazzahead!“-Festival gespielt. Nach dem Solo-Auftritt dann wieder gemeinsam mit der Band arbeitend, bringt Kadel am 1. April dann auch ihr Debütalbum „Über und Unter“ heraus – auf dem legendären Jazz-Label „Blue Note“. Hier veröffentlichten auch Größen wie John Coltrane oder Norah Jones ihre Platten. Neben Kadel tritt im Bremer Moments noch die Saxofonistin Anna-Lena Schnabel mit ihrem Quartett auf und ergänzt den jazzigen Abend.

Den Abschluss der Konzert­reihe geben Alejandra Ribera aus Kanada und Faustine Audebert aus Frankreich. Letztere tritt nur unter ihrem Vornamen Faustine auf und bietet dem Publikum düstere melancholische Songs – mit einer raffinierten Instrumentalisierung.

Auch das„Männerinstrument“ E-Gitarrebleibt festin den Händeneiner Frau

Das vom Jazz beeinflusste Keyboardspiel der 34-Jährigen wird ergänzt von ausgefeilten Rhythmen, die sich auch mitten im Song ändern. Hinzu kommt ein souliger, aber dennoch klarer Gesang der Musikerin.

Begleitet wird sie von einer dreiköpfigen Band, bestehend aus dem Schlagzeuger Nicola Pointard und dem Bassisten Antonin Volson. Die elektronische Gitarre, ein Instrument, das wie kein anderes von Männern dominiert wird, bleibt fest in den Händen einer Frau: Hélène Brunet komplettiert die Songs von Faustine. Ihre verzerrte Gitarre, mit schnellem Solospiel oder simpler Rhythmusgitarre, gibt der Musik eine düstere Stimmung, etwa bei dem Stück „Song for a Colored Singer“ oder „I am in Need of Music“.

Keine alltägliche Chance: In Frankreich ist die Sängerin und Keyboarderin längst ein Geheimtipp der Musikszene, in Deutschland hingegen ist sie noch weitgehend unbekannt. Das Konzert während des Festivals ist vorerst der einzige Auftritt von Faustine in Deutschland.

Das Festival beginnt am Samstag um 20 Uhr im Moments. Das ausführliche Programm steht auf www.women-in-emotion.de

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