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Berlinale-Staralbum: Gérard DepardieuDer Provokateur

Gérard Depardieu spricht bei der Berlinale über Putinliebe, Faulheit und über Pools voller parfümierter Scheiße.

Gérard Xavier Marcel Depardieu. Foto: reuters

Eine Pressekonferenz mit Gérard Depardieu durchläuft drei Stimmungsphasen: Erst ist da Erleichterung (er ist gekommen und er spricht), dann großes Gelächter (er nimmt kein Blatt vor den Mund), daraufhin nur noch Irritation (er hört nicht auf zu sprechen und verliert dabei zunehmend den Anschluss zur Außenwelt).

Zwischen den Regisseuren Benoît Delépine und Gustave Kervern sitzt der 68-Jährige und spricht über den neuen gemeinsamen Film „Saint amour“. Es geht um einen Roadtrip von Vater und Sohn durch verschiedene französische – wie sollte es anders sein – Weinregionen.

Die Schauspiellegende, die 2011 in angeheitertem Zustand in ein Flugzeug pinkelte und kürzlich vorgab, täglich bis zu 14 Flaschen alkoholische Getränke zu konsumieren, lacht über jeden Säuferwitz, den Kollegen und Publikum reißen. „Ich liebe den deutschen Mirabellenwein. Ich hoffe, ich werde heute noch einen kosten können“, sagt er.

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Es folgt ein Monolog über Dinge, die Depardieu mag (den neuen Film „Saint amour“, europäisches Essen, Russland), und über Dinge, die er nicht mag (die zeitgenössische französische Komödie, amerikanisches Essen, François Hollande). Zu den Dreharbeiten des neuen Films sagt er: „Ich habe das Skript gar nicht gelesen. Ich lese nie, damit ich eine natürliche Performance ablegen kann.“ Grinsend fügt er hinzu: „Okay, und ich bin auch ein bisschen faul.“

Einige Journalisten beginnen Tränen zu lachen, als Depardieu das betuliche Blockbusterkino mit einem Pool voller parfümierter Scheiße vergleicht, die „noch nicht einmal warm“ ist. Doch wenn es ums Politische geht, weiß man nicht so recht, ob lachen noch angebracht ist.

Auf die Frage, ob es stimme, dass seine Romanze mit Russland vorbei sei, antwortet der Wahl-Russe, der sich 2013 von Putin persönlich einbürgern ließ: „Es ist keine Romanze, es ist Liebe! Ich fühle mich russischer denn je und bewundere Wladimir Putin für all das, was er tut.“

Auf eine andere Frage, die mit dem Berlinale-Motto „Recht auf Glück“ zu tun hat, sagt er einfach: „George Clooney war bei Merkel, um über Flüchtlinge zu sprechen. Ist die Kaffeemaschine vielleicht eine mögliche Lösung des Syrienkonflikts?“ Depardieu beherrscht die Kunst der Provokation. Bei der Pressekonferenz ist kein einziger Platz frei. Nur eine war bislang voller: Die mit George Clooney.

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