piwik no script img

Massenhafte Tötung von EintagskükenErste Anklage gegen Brüterei

Männliche Küken werden in der Massenzucht meist einen Tag nach ihrer Geburt geschreddert. In Münster steht nun eine Brüterei für diese Praxis vor Gericht.

Süß - aber in den Augen der Züchter wertlos: männliches Küken. Foto: dpa

MÜNSTER dpa | | Schon Stunden nach dem Schlüpfen werden sie massenhaft getötet: Jährlich werden nach Angaben von Tierschützern bundesweit 50 Millionen männliche Eintagsküken bei lebendigem Leib geschreddert oder vergast. Nun hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen eine Brüterei im münsterländischen Senden wegen der massenhaften Vernichtung männlicher Eintagsküken erhoben. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Münster bestätigte am Samstag einen entsprechenden Bericht des Spiegel.

Dem Nachrichtenmagazin zufolge ist es das erste Mal, dass in einem solchen Fall Anklage erhoben wird. Die Tierschutzorganisation Peta sprach von einem „historischen Durchbruch“.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte auf Anfrage, man habe Anklage beim Landgericht erhoben und strebe gegebenenfalls eine höchstrichterliche Rechtsprechung an. Denn es handele sich um ein bundesweites Problem.

Das Unternehmen wollte sich gegenüber dem Spiegel nicht äußern. Nach Angaben des Nachrichtenmagazins war die Brüterei spätestens seit 2013 nach einer Strafanzeige „über die Unrechtmäßigkeit ihres Tuns informiert“. Die bundesweit verbreitete Praxis sei allerdings von Behörden und Landwirtschaftsministerium bisher geduldet worden.

Edmund Haferbeck von der Tierschutzorganisation Peta betonte, mit der Anklage-Erhebung gegen die Brüterei sei „ein historischer Durchbruch in der tierschutzrechtlichen Debatte über die industrielle Tierproduktion“ gelungen. Peta setzt sich nach eigenen Angaben seit fast zehn Jahren gegen die Tötung männlicher Eintagsküken ein.

Vor einem Jahr habe man erneut bei elf Staatsanwaltschaften gegen alle rund 20 Brütereien in Deutschland Strafanzeige erstattet, erläuterte Haferbeck. „Die Tötung von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund ist strafbar.“ Gesetzgeber, Behörden und Agrarindustrie hätten jahrelang immer neue Ausflüchte gesucht, kritisierte Peta. Es sei von täglich 140. 000 getöteten männlichen Küken deutschlandweit auszugehen.

In der Ernährungsindustrie werden laut der Organisation vor allem Legehennen und Masthühner gezüchtet. Männliche Tiere seien für die Industrie wertlos, da sie keine Eier legen und auch nicht schnell genug Fleisch ansetzen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Stirbt ein Wal, ist das Drama groß. Oder wenn z. B. ein Hund gequält wird. Aber 140.000 getötete Küken sind immer noch nicht so schlimm.