piwik no script img

Merkels Stunde der Wahrheit

EU-Gipfel Einigen sich die EU-Partner am Donnerstag nicht einmal ansatzweise auf eine Verteilungder Flüchtlinge, sind die Pläneder Kanzlerin Makulatur

Foto: Pascal Rossignol/reuters

Aus Brüssel Eric Bonse

Wir müssen zusammenhalten – koste es, was es wolle! Das ist die Devise der Berufseuropäer in Brüssel. Kurz vor dem EU-Sondergipfel am Donnerstag warnte EU-Ratspräsident Donald Tusk davor, Griechenland in der Flüchtlingspolitik auszugrenzen oder gar aus dem Schengen-Raum zu drängen.

„Griechenland hat die Flüchtlingskrise nicht heraufbeschworen“, sagte Tusk bei einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in der griechischen Hauptstadt Athen.

Tusk stemmt sich damit gegen den „Plan B“ von Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei. Danach soll die sogenannte Balkanroute für Flüchtlinge geschlossen werden. Damit einher ginge eine Isolierung Griechenlands. Österreich kündigte am Dienstag derweil weitere Grenzkontrollen an seiner Südgrenze an.

Angesichts des Widerstands vieler EU-Länder gegen eine Verteilung der Flüchtlinge in Europa erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel, dieses Thema sei für den Gipfel nicht entscheidend. Viel wichtiger sei, ob es gelinge, die Zusammenarbeit mit der Türkei in der Flüchtlingsfrage voranzubringen.

Vor dem eigentlichen Gipfeltreffen soll es wieder ein Stelldichein der „Koalition der Willigen“ um Merkel geben, bei dem auch der türkische Regierungschef Ahmet Davutoğlu anwesend sein wird. Auch Frankreichs Staatschef François Hollande will teilnehmen. Deutsche Diplomaten hoffen, dass Hollande das Nein seines Premierminister Manuel Valls zu neuen Flüchtlingskontingenten relativieren könnte. Ohne Frankreich kann Merkel ihre Pläne für eine europäische Lösung der Flüchtlingskrise nicht umsetzen.

Bei dem zweitägigen EU-Gipfel soll die Flüchtlingskrise nur ein Thema unter mehreren sein. Im Mittelpunkt stehen neue Zugeständnisse an Großbritannien, mit denen ein EU-Austritt – der sogenannte Brexit – verhindert werden soll. Premier David Cameron fordert unter anderem eine „Notbremse“ gegen unerwünschte Migration aus Europa.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen