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Desolate Zustände am Berliner LagesoFlüchtling offenbar an Kälte gestorben

Dem Bündnis „Moabit Hilft!“ zufolge ist am Berliner Lageso ein 24-jähriger syrischer Flüchtling gestorben. Die Berliner Regierung will den Fall nun umgehend prüfen.

Viel zu kalt: Flüchtlinge warten am Berliner Lageso. Foto: ap

Berlin dpa | Ein 24 Jahre alter Flüchtling in Berlin ist nach Angaben des Bündnisses „Moabit hilft!“ in der Nacht zum Mittwoch gestorben. Zuvor habe der Mann tagelang vor dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) angestanden.

Ein Helfer habe den stark fiebernden Mann am Dienstagabend zu sich nach Hause genommen, sagte eine Sprecherin. Wegen seines schlechten Zustandes sei der Mann von einem Krankenwagen abgeholt worden. Auf dem Weg habe er einen Herzstillstand erlitten – im Krankenhaus habe nur noch der Tod festgestellt werden können.

Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales kündigte an, den Fall „unter Hochdruck“ zu prüfen. Unklar war unter anderem, inwieweit der Tod des jungen Mannes mit der Wartezeit vorm Lageso zusammenhing.

Ein Polizeisprecher sagte, man prüfe, ob die Angaben im Internet über den Todesfall zutreffend seien. Wenn es sich um einen Tod aus gesundheitlichen Gründen gehandelt habe, sei die Polizei allerdings nicht zuständig.

„Warum, frag ich mich, muss er sterben?“, schrieb der Helfer, der den 24-Jährigen zu sich geholt hatte, bei Facebook. „Vielleicht, weil wir seit Wochen keinen Termin bekommen haben? Weder am Lageso noch bei einem Arzt, der ihn behandeln würde, hat man ihn angenommen.“

Die Senatsverwaltung hatte erst am Vortag mitgeteilt, dass die Situation am Lageso wegen eines hohen Krankenstandes der Mitarbeiter „besonders angespannt“ sei. Zuletzt gab es erhebliche Engpässe bei der Auszahlung von Leistungen an Asylbewerber.

Eine Hotline soll künftig unter anderem dafür sorgen, dass Flüchtlinge das ihnen zustehende Geld rechtzeitig bekommen. Sie soll Betroffenen Extratermine zur Auszahlung beim Lageso vermitteln.

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14 Kommentare

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  • 2G
    21405 (Profil gelöscht)

    Vraiment!

    Heute, am 30.Januar,

    lesen sich die hyperventilierenden Kommentare wie Realsatire.

  • Solche Zustände sind unwürdig, ebenso wie die Unterbringung in Hallen, die für den Sport bestimmt sind.

     

    Aber der Mann ist nicht erfroren, sondern hatte Fieber. Wir wissen nicht mal welche Krankheit. Vielleicht Malaria.

     

    Ich glaube es ist falsch, wenn überforderte und ausgebrannte Helfer im Schock den Behörden jetzt einen Vorwurf machen: "Die Situation am Lageso ist weiterhin lebensbedrohlich." Denn niemand hat ein Interesse daran, dass es Menschen schlecht geht und alle bemühen sich, so gut es eben geht.

    • @Ansgar Reb:

      "und alle bemühen sich, so gut es eben geht."

      So wie die Ärzte, die eine Behandlung ablehnen, wie staatl Stellen, die unfähig sind, ehrenamtl. Helfer zu koordinieren und zu beraten, Kommunen, die es nicht schaffen, ersatzweise Essen auch ohne Geld bereitzustellen und es zudem, wenn schon in Zelten, unfähig sind(sein wollen), diese ordentlich zu beheizen.

      Da reden Sie sich aber die Welt schön.

      Hoffentlich war´s Malaria, damit Ihre Annahme, es kommt nicht von der hiesigen Kälte, richtig bleibt. Hamse alle mitgebracht, die Krankheiten, gell.

      • @lions:

        Ich gehe nicht davon aus, dass die Behörden bei uns bösartig handeln. Die Situation ist außergewöhnlich.

         

        Ich habe nur darauf hingewiesen, dass der Umstand Fieber eben nicht auf Kälte verweist. Im übrigen ist Malaria in vielen Ländern ganz normal, fast jeder, der längere Zeit mal in Westafrika war, hat das, dann hat man einmal im Jahr Fieber, und es kann auch tödlich ausgehen. Das ist dort ganz normal, und man kann sich von Malaria auch nicht kurieren.

         

        Natürlich sind wir alle besorgt über die Krise und die Zustände, aber deshalb müssen wir vorsichtig sein uns irgendwelchen Märtyrer der Behörden herbei zu schreiben, weil es uns so gut passt.

        • @Ansgar Reb:

          bis auf weiteres gehe ich davon aus, dass Syrien nicht in westafrika liegt.

  • Na, das ist doch mal eine gute Nachricht für alle, die Deutschland gern sehr schnell sehr unattraktiv machen wollen für Flüchtlinge. Man sollte diese Nachricht in mehreren Sprachen auf große Plakate drucken und entlang der syrischen Grenze sowie rund ums Mittelmeer aufstellen. Damit jeder potentielle Flüchtling weiß: Es ist beinah egal, ob man VOR seiner Flucht in Homs stirbt oder DANACH in einem deutschen Krankenwagen. Allerdings nur fast. Stirbt man in Homs, hat man sich einige Strapazen gespart. Und sie begraben einen wenigstens im sogenannten Mutterboden.

  • "Ein Helfer habe den stark fiebernden Mann am Dienstagabend zu sich nach Hause genommen"

     

    Wieso eine Pauschalverurteilung von Lageso, wenn der Mann unter Umständen noch leben könnte, wäre er nicht zu einem Helfer nach Hause sondern sofort in ärztliche Behandlung gekommen?

     

    Behörden, die nemals geschaffen wurden, um Hunderttausende Migranten zu bedienen, sind in Ausnahmesituationen wie solchen zwangsweise überfordert. Soviel Realitätssinn sollte man schon haben.

    • @Jan Ströher:

      aha.

      "sofort in ärztliche Behandlung gekommen"

      haben Sie schon mal versucht, wen ohne papiere, von krankenschein nicht zu reden, in ärztliche behandlung zu bringen?

      nicht?

      dann bessern Sie bitte-schön erst mal Ihren realitätssinn auf!

    • @Jan Ströher:

      Ist Ihnen überhaupt klar, was Sie da geschrieben haben ?

       

      "Warum, frag ich mich, muss er sterben?“, schrieb der Helfer, der den 24-Jährigen zu sich geholt hatte, bei Facebook. „Vielleicht, weil wir seit Wochen keinen Termin bekommen haben? Weder am Lageso noch bei einem Arzt, der ihn behandeln würde, hat man ihn angenommen.“

  • "Flüchtling offenbar an Kälte gestorben"

    Letztendlich nicht an physischer Kälte. Oh Mann, in D müssen Menschen frieren, während die warmen Stuben hier immer größer werden. Lasst die Flüchtlinge aus Berlin und Hamburg, wenigstens über Winter, in die Provinz und... bringt die Verantwortlichen, vor allem im Senat, vor Gericht !

    • @lions:

      Guter Vorschlag! Ich würde glatt eine mehrstellige Belohnung aussetzen für eine Juristin oder einen Juristen, der die Bande nach § 323c Strafgesetzbuch drankriegt. Im § 323c StGB steht nämlich geschrieben: "Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft".

       

      Für meinen Geschmack ist übrigens entschieden zu milde. Der § 323c StGB steht ja vermutlich nicht umsonst in der Rubrik "Gemeingefährliche Straftaten", nicht in der Rubrik "Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit" (§§ 223 – 231 StGB). Wenn Menschen anderen Menschen nicht mehr helfen wollen und damit auch noch durchkommen, dann zerstören sie damit nämlich den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt, die Menschlichkeit überhaupt. Man könnte auch sagen, dass sie aus einer Leit- eine Leidkultur machen. In meinen Augen ist das noch einmal deutlich schlimmer, als wenn nur das Leben oder die Gesundheit eines Einzelnen gefährdet wird.

       

      Nun ja. Vermutlich müssen wir schon froh sein, wenn es überhaupt einen § 323c StGB gibt. Paragraphen, die mit einem Buchstaben "verziert" wurden, sind ja meist relativ neu im "Angebot" des Gesetzgebers. Hätte es den § 323c StGB schon vor 1945 gegeben, hätte Deutschland sein erstes Nachkriegsjahr fast komplett hinter schwedischen Gardinen verbringen müssen.

  • Wartet mal, bis der Frühling kommt, dann werden wir von der bayrisch-österreichischen Grenze bis über den Balkan runter, reihenweise erfrorene Kinder finden.

     

    Deutschland hat nicht einmal die Absicht es zu schaffen, nein, Deutschland will gar nicht und redet sich selbst unfähig, arm und hilflos. Das steht einem der reichsten Länder der Welt nicht gut an.

    • @robby:

      Sie irren sich. Die, die nicht wollen und "sich selbst unfähig, arm und hilflos" reden, sind NICHT Deutschland. Es sind nur seine sogenannten Eliten bzw. die, die es ganz gerne werden wollen.